Staatliche Investitionen sichern den wirtschaftlichen Fortschritt

Die amerikanisch-ital­ienis­che Ökonomin Mar­i­ana Maz­zu­ca­to von der englis­chen Uni­ver­sität Sus­sex war vor kurzem auf Ein­ladung der Öster­re­ichis­chen Akademie der Wis­senschaften (ÖAW) und des BMVIT in Wien. Sie hat im Jahr 2013 ein bemerkenswertes Buch über den Staat als Investor und Unternehmer geschrieben, das vor eini­gen Monat­en auch auf Deutsch erschienen ist.

Was haben Konz­erne wie Apple, Com­paq und Intel gemein­sam? Sie ver­danken ihren Wel­ter­folg staatlich­er Forschung und Fi­nan­zierung, möglicher­weise würde es sie gar nicht geben. Die wesentlichen Tech­nolo­gien von iPhone, iPad etc. wie Touch­screen, GPS, Inter­net und leis­tungsstarke Bat­te­rien wur­den nicht von Apple entwick­elt, son­dern vom Staat ini­ti­iert und finanziert. Nur der Staat bzw. staatlich unter­stützte Ein­rich­tun­gen haben üblicher­weise den lan­gen Atem, um in Grund­la­gen­forschung zu investieren. Erst wenn die Forschung so weit fort­geschrit­ten ist, dass die kom­merzielle Nutzung abse­hbar ist, wer­den üblicher­weise die pri­vat­en Risikokap­i­tal­ge­ber aktiv. Als Beispiel kann hier das Förder­sys­tem für grüne Energie (Ausstieg aus Kohle, Öl, Gas in Rich­tung Winden­ergie, Sonnenen­ergie etc.) ange­führt wer­den. So investieren die Europäis­che Investi­tions­bank, die deutsche Förder­bank KfW und ver­gle­ich­bare Insti­tute in Chi­na und Brasilien acht­mal so viel in grüne Tech­nik wie der gesamte pri­vate Sektor!

Die wesentlichen Gründe für Betrieb­san­sied­lun­gen sind dem­nach nicht zwangsläu­fig niedrige Abgaben oder Lohnkosten, son­dern die Höhe von staatlichen Förderun­gen, wie das Beispiel des Phar­makonz­erns Pfiz­er zeigt, der deshalb seinen Stan­dort nach Ameri­ka ver­legt hat.

Dieses Sys­tem gibt es schon lange und funk­tion­iert gut, doch meint Maz­zu­ca­to, dass es mit­tler­weile „par­a­sitär“ gewor­den ist. Die Risiken von Inno­va­tion wer­den zwar sozial­isiert, also von der Gemein­schaft getra­gen, die Gewinne wer­den jedoch pri­vatisiert. Die Sit­u­a­tion wird noch dadurch ver­schärft, dass durch (legale) Steuerver­mei­dungsmeth­o­d­en Abgaben min­imiert wer­den und nicht ein­mal mehr Arbeit­splätze oder die Lohn­ab­gaben als Ein­nah­men verbleiben. Und let­ztlich wird meist nur dann der Staat angerufen, wenn etwas schiefläuft – siehe die weltweite Bankenkrise, die uns seit Jahren beschäftigt.

Die Folge dieser Entwick­lung ist, dass die Steuerzahler dop­pelt bezahlen: ein­mal bei der (Grundlagen-)Forschung, ein zweites Mal beim Kauf von Pro­duk­ten wie Com­put­ern oder Medika­menten. Warum also sollte sich der Staat bei den von ihm finanzierten Forschungsergeb­nis­sen nicht auch einen Teil der Erträge sich­ern? Dies kön­nte durch Bezahlung entsprechen­der Gewinns­teuern oder Entwick­lerkred­ite erfol­gen. Die Rück­zahlung wäre je nach Gewinnhöhe unter­schiedlich hoch.

Hätte der Staat lediglich ein Prozent der direk­ten Gewinne des Inter­nets zurück­bekom­men, so wäre die „Energiewende“ für grüne Energie leicht finanzier­bar, der Ausstieg aus fos­silen Energi­eträgern abse­hbar, und die Kli­maziele wür­den leichter erreicht.

Die von Maz­zu­ca­to aufgestell­ten The­sen beziehen sich primär auf Ameri­ka, und man muss nicht mit all ihren Vorschlä­gen übere­in­stim­men. Jeden­falls wird mit der Mär von der „Bestie Staat“ aufgeräumt. Es wäre wert zu prüfen, inwieweit die The­sen auf Öster­re­ich und Europa zutr­e­f­fen. Die Ini­tia­tive der ÖAW kön­nte ein erster Schritt dazu sein.

Zum Autor

Otto Aiglsperg­er ist Mit­glied des Vor­standes der Gew­erkschaft Öffentlich­er Dienst, Bere­ich­sleit­er für Organ­i­sa­tion, Presse und Wirtschaft. Er war mehr als 25 Jahre im Bun­desmin­is­teri­um für Finanzen tätig, zulet­zt als stel­lvertre­tender Leit­er der Organ­i­sa­tion­s­abteilung. Leitung von und Mitar­beit in Organ­i­sa­tion­sen­twick­lung­spro­jek­ten der öster­re­ichis­chen Finanzverwaltung.