Die digitale Transformation der Medienwelt

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei ACADEMIA SUPERIOR im DIALOG mit Markus Hengstschläger

„Derzeit gibt es kaum einen anderen Bere­ich, der sich so schnell verän­dert wie die Medi­en­branche.“ Mit dieser Aus­sage startete der ORF-Gen­eraldirek­tor Dr. Alexan­der Wrabetz in den DIALOG mit dem wis­senschaftlichen Leit­er der ACADEMIA SUPERIOR Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger. Der Grund für diese Verän­derung: Dig­i­tal­isierung und Inter­net krem­peln die Medi­en­welt seit mehreren Jahren ras­ant um.

Eine Gesellschaft kann sich bei so einem wichti­gen Gut wie Infor­ma­tion nicht darauf ver­lassen, dass sie nur vom pri­vat­en Markt aus­re­ichend abgedeckt wird. – Alexan­der Wrabetz

Wie verän­dert dieser Prozess die Posi­tion der öffentlich-rechtlichen Medi­en? Um diese Frage näher zu beleucht­en, lud ACADEMIA SUPERIOR den ORF-Gen­eraldirek­tor zum Gespräch nach Linz. „Der ORF ste­ht zwei Tage vor der großen Medi­enen­quete der Bun­desregierung im Zen­trum des öffentlichen Inter­ess­es. Umso wichtiger ist es, die Zukun­ft der öffentlich-rechtlichen Medi­en ger­ade auch im Hin­blick auf die Dig­i­tal­isierung bre­it zu disku­tieren“, bemerk­te LH-Stv. Dr. Michael Strugl – Obmann der ACADEMIA SUPERIOR – bei sein­er Begrüßung der über 400 Gäste im Süd­flügel des Linz­er Schloss­es. Auch KommR. Dr. Andreas Mit­ter­lehn­er – Gen­eraldirek­tor der HYPO OÖ und Koop­er­a­tionspart­ner des Abends – zeigte sich von der Rel­e­vanz des ORF für die Gesellschaft überzeugt.

Demokratierelevante Medien in der Digitalen Transformation unterstützen

„Eine Gesellschaft kann sich bei so einem wichti­gen Gut wie Infor­ma­tion nicht darauf ver­lassen, dass sie nur vom pri­vat­en Markt aus­re­ichend abgedeckt wird“, betonte Alexan­der Wrabetz und führte weit­er aus, dass klas­sis­che Medi­en jed­er Art durch die Dig­i­tal­isierung vor großen Her­aus­forderun­gen ste­hen: „Im Prinzip müssen wir zwei Pferde auf ein­mal reit­en. Ein­er­seits müssen wir Ange­bote für die Gen­er­a­tion der Baby­boomer liefern, da diese die größte Gruppe in der Bevölkerungspyra­mide sind. Ander­er­seits müssen wir auch die nachk­om­menden Gen­er­a­tio­nen, die ein völ­lig anderes Medi­en­nutzungsver­hal­ten und eine andere Nach­frage haben, an unsere Pro­gramme her­an­führen“, so Wrabetz.

Bei diesem Spa­gat soll­ten laut ORF-Gen­eraldirek­tor demokratierel­e­vante Medi­en – egal ob Zeitung, TV, Radio oder Inter­net – vom Staat dabei unter­stützt wer­den, neue sta­bile Geschäftsmod­elle zu etablieren. Große Bedeu­tung haben für Wrabetz hier­für gezielte Förderun­gen für qual­i­ta­tive For­mate. Aber eben­so rel­e­vant sei es, europäis­che Medi­en­play­er aufzubauen, die groß genug sind, um mit der glob­alen Konkur­renz der großen amerikanis­chen Dig­i­tal-Konz­erne mithal­ten zu können.

„Plötzlich stehen wir in einer globalen Konkurrenz“

„Wir soll­ten nicht jam­mern, dass Face­book oder Google so stark sind. Und schon gar nicht soll­ten wir ver­suchen, sie ein­fach nachzuah­men! Europa muss bei der näch­sten Entwick­lungswelle der dig­i­tal­en Welt wieder vorne mit dabei sind. Die erste Welle, die Google und Face­book genutzt haben, wurde in Europa völ­lig ver­schlafen“, zeigt sich Wrabetz überzeugt und spielte dabei auch auf die aktuell Diskus­sion zu dem The­ma, die von Corin­na Mil­borns und Markus Bre­it­e­neck­ers Buch angestoßen wor­den ist, an.

Hin­dernisse dafür sieht Wrabetz vor allem in ver­al­teten Geset­zen in Europa: „Die alte europäis­che Medi­en­reg­ulierung war vor allem eine nationale Wet­tbe­werb­sreg­ulierung. Unsere heuti­gen Konkur­renten heißen aber Ama­zon, Face­book, Google oder Net­flix. Für die gel­ten alle diese Reg­ulierun­gen nicht und deshalb sind sie immer einen Schritt voraus und kon­nten dig­i­tale Mono­pole auf­bauen“, so Wrabetz.

„Ein­er­seits sieht man in dieser Entwick­lung neg­a­tive demokratie-poli­tis­che Kon­se­quen­zen, ander­er­seits wird es den öffentlich-rechtlichen aber ver­boten, sich sin­nvoll mit Ange­boten auf das neue Nutzungsver­hal­ten der Men­schen einzustellen“, stellte Wrabetz fest und spielte dabei etwa darauf an, dass Inhalte in der ORF-TVThek nur sieben Tage online abruf­bar sein dür­fen. Eine weit­ere selt­sam anmu­tende Regelung: Der ORF darf Videos erst auf orf.at zeigen, wenn diese bere­its im TV gesendet wur­den. Bei solchen Voraus­set­zun­gen sei es kein Wun­der, dass der ORF nur drei Prozent aller Online-Wer­beum­sätze in Öster­re­ich ein­nimmt, Face­book aber sieben und Google ganze 40 Prozent der Wer­bungsaus­gaben lukriert.

Beitrags- oder Budgetfinanzierung?

„In allen Län­dern, die von Beitrags- auf Bud­get­fi­nanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender umgestellt haben, ist der poli­tis­che Ein­fluss auf das Pro­gramm stark gestiegen und die vorhan­de­nen finanziellen Mit­tel um teil­weise bis zu 30 Prozent gesunken”, stellte Wrabetz seine Posi­tion zur Finanzierung des ORF klar. Außer­dem bemän­gelte er, dass länger­fristige Pla­nun­gen durch jährliche Bud­getver­hand­lun­gen erschw­ert wer­den. Ger­ade diese brauche der ORF aber, laut Wrabetz, um weit­er­hin jene Inhalte pro­duzieren zu kön­nen, die von Pri­vat­en Sendern in Öster­re­ich nie pro­duziert wer­den wür­den, da der Markt dafür ein­fach zu klein ist.

Personalisierung und Digitalisierung sind Zukunft des Fernsehens

Auf die Frage, wohin die Entwick­lung im Fernse­hen in Zukun­ft geht, war die Antwort für Wrabetz klar: „Dig­i­taler Con­tent wird in Zukun­ft vom klas­sis­chen TV immer weniger unter­schei­d­bar sein. Außer­dem wird Fernse­hen immer stärk­er mit Per­son­al­isierungs­funk­tio­nen aus­ges­tat­tet sein, um die indi­vidu­ellen Inter­essen der Seherin­nen und Seher bess­er bedi­enen zu können“.