Die Kür: Wo soll es hingehen?

In die FFG kommt man nur mit Vorankündi­gung beim Porti­er, der einem den Lift in den ober­sten Stock freis­chal­tet. „Diebe wer­den immer dreis­ter und wir haben sen­si­ble Dat­en im Haus, da muss man Sicher­heits­maß­nah­men set­zten”, weiß die Geschäfts­führerin aus eigen­er Erfahrung.

Zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik

Hen­ri­et­ta Egerth sieht sich im Gegen­satz zu den anderen ACADEMIA SUPERIOR Beiratsmit­gliedern eher als Aus­nahme, da sie selb­st keine Forscherin ist. „Vielmehr bin ich Man­agerin in einem Feld, das mit Wis­senschaft und Forschung zu tun hat”. Mit ihrem bre­it­en Finanz- und Banken-Knowhow verbindet sie in dieser Tätigkeit zwei Welten.

Die FFG ist 2004 aus ein­er Ini­tia­tive ent­standen, die ver­schiede­nen Förder­pro­gramme auf Bun­de­sebene ‚aufzuräu­men‘. „Die FFG ist in erster Lin­ie für die ange­wandten Bere­iche da, indus­trielle Forschung, Koop­er­a­tion zwis­chen Uni­ver­sitäten und Unternehmen und außeruni­ver­sitäre Ein­rich­tun­gen”. Dabei geht es um jährlich ca. 600 Mil­lio­nen Zuschüsse. Etwa 150 Mil­lio­nen davon gehen an die Uni­ver­sitäten, für die die FFG somit eine sehr starke Part­ner­in darstellt, was oft nicht entsprechend wahrgenom­men wird.

Warum soll Forschung gefördert werden?

„Das span­nende an der Arbeit ist, die öffentliche Hand und die Mark­tver­hält­nis­sen aus­ge­set­zten Akteure miteinan­der zu verbinden.” Ihre Auf­gabe sieht Egerth darin, die Poli­tik davon zu überzeu­gen, einen Schw­er­punkt auf die Forschung zu set­zen, ver­bun­den mit der Forderung, mit dem Bud­get dahinge­hend sicht­bare Sig­nale zu setzen.

Die zen­trale Frage ist natür­lich, wie man aus­ge­hend von mark­twirtschaftlichen Gesicht­spunk­ten Forschungs­förderung argu­men­tieren kann. „Warum ist es wichtig, eine Pri­or­ität in der Forschung haben zu wollen — mit allen möglichen Ressourcen, der Infra­struk­tur, dem Kli­ma, etc. die dazu gehören?” Das primäre Argu­ment ist Mark­tver­sagen: „Dort, wo das Risiko für Einzelne zu groß wird, zu investieren, ist die Inter­ven­tion des Staates zuläs­sig und wichtig”, begrün­det Egerth.

Alle Pro­jek­te ste­hen dabei im Wet­tbe­werb zueinan­der. Die Her­aus­forderung liegt darin, das Knowhow zum The­ma mit der Umset­zbarkeit best­möglich zu verbinden. Auswahlkri­te­rien sind dem­nach nicht nur tech­nis­che Mach­barkeit son­dern auch die Fir­menkon­struk­tio­nen und die Ein­schätzung, ob sie in der Lage sein wer­den, Forschungsergeb­nisse auch wirtschaftlich umzusetzen.

Innovation als Wohlstandskriterium

Schwierig ist, dass sich der durch die FFG geförderte Forschung­sout­put nicht unmit­tel­bar messen lässt. „Was mit­tler­weile aber vielfach gezeigt und belegt wurde ist, dass Län­der, die aktiv und weit­er in der Forschung sind, in Wohl­stand­srank­ings durch­wegs bess­er abschneiden.”

Wie greifen die Räder ineinander?

Eine Frage, die Hen­ri­et­ta Egerth beschäftigt ist, was einzelne Maß­nah­men im Gesamten bewirken und ver­langt hier mehr Weit­blick. Wir sind heute mit ein­er immens ver­net­zten Wirtschaftssi­t­u­a­tion kon­fron­tiert, die es mitunter schwierig macht, Auswirkun­gen im Detail abzuse­hen. Als Beispiel ver­weist Egerth auf die Umgestal­tung der Forschungs­fi­nanzierung in Form von Prämien, die zu kon­trapro­duk­tiv­en Konkur­ren­zver­hält­nis­sen führt und stellt kri­tisch die Frage: „Hat man den Gesamt­blick für Zukunftsmaßnahmen?”

Wo wollen wir hin?

Die größte derzeit­ige Her­aus­forderung für die Poli­tik sieht sie darin, zu einem neuen Gesamt­bild zu kom­men. „Was ist die Gesamtvi­sion?” will sie wis­sen, „Was sind die großen wirtschaft­spoli­tis­chen und gesellschaft­spoli­tis­chen Visionen?”

Öster­re­ich lebt in vie­len Bere­ichen vom Export und ist in manchen Sparten sog­ar Mark­tleader, doch diese Posi­tion ist auf­grund fehlen­der Gesamtkonzepte in Gefahr und die Frage drängt sich auf: „Wofür wollen wir in eini­gen Jahren ste­hen? Was will man wirk­lich?” Die vorherrschen­den Ten­den­zen, über­all ein biss­chen mit­spie­len zu wollen, sieht Egerth länger­fristig als gefährlich und schädlich.

„Vielle­icht ist das unfair, aber die Krisen zu meis­tern und anste­hende Prob­leme zu lösen, das ist eigentlich die Pflicht der Poli­tik, damit muss man sich nicht rüh­men. Die Kür ist die Frage, wo es hinge­hen soll.” Es geht ihr dabei weniger um den Mas­ter­plan als vielmehr um „ein Gefühl — in der Poli­tik und bei den Key­play­ern — das ver­mit­telt wer­den kön­nen muss; das Beken­nt­nis: Ja, wir haben eine Vision; ja, wir wis­sen, wo wir hinge­hen”. Egerth spricht von einem all­ge­meineren Trend, der sich auch bei jenen bemerk­bar macht, die bish­er immer klare Ziele gehabt haben und plöt­zlich keinen Forderungskat­a­log mehr haben. „Die Leute arbeit­en für das Eigene, aber es fehlt die Gesamtvision.”

Es geht um Leadership und die Vermittlung des Gefühls, dass Politik die Leute einbindet

Was die FFG Geschäfts­führerin stört ist, dass man das Gefühl hat, dass es die Poli­tik in den let­zten Jahren stark ver­nach­läs­sigt hat, die Leute einzu­binden: „Das Bewusst­sein ist vielle­icht da, aber es wird einem nicht das Gefühl vermittelt.”

Auf Gesamt­poli­tis­ch­er Ebene sieht sie einen Man­gel an Lead­er­ship, „weil Europa nicht mit ein­er Stimme spricht” und an kleinen, vor­den­finierten Mei­n­un­gen scheit­ert. „Da müssen Län­der eben auch zurückstecken.”

Hen­ri­et­ta Egerth sieht die Ini­tia­tive eines Think Tanks wie ACADEMIA SUPERIOR als äußerst wertvollen Ver­such, über den Teller­rand zu schauen. „Es geht nicht darum, mit dem Fin­ger auf die Poli­tik zu zeigen”, meint sie, son­dern vielmehr um die Zukun­ft der Zivilge­sellschaft, wo sich „alle gescheit­en Men­schen mit ihren Ideen ein­brin­gen sollen”. Was sie an Oberöster­re­ich so schön find­et ist, dass es auch bere­it ist, über die einzel­nen Lan­des­gren­zen hin­aus zu denken. „Im End­ef­fekt geht„s immer darum, Ideen zusam­men und auf einen Punkt zu brin­gen. Und um die Mul­ti­p­lika­toren, denen man Mut geben muss, weil dadurch gibt es wieder einen wertvollen Rückfluss.”