Die Politik wird ein Handwerk bleiben

Rainer Nowak und Markus Hengstschläger diskutierten über die Zukunft der Medien und der Politik in Österreich.

Markus Hengstschläger sprach im DIALOG mit Rain­er Nowak, dem Chefredak­teur der Tageszeitung „Die Presse“, über Poli­tik als Event, Quere­in­steiger, Medi­en und Falschnachrichten.

Mit Rain­er Nowak disku­tierte Markus Hengstschläger beim DIALOG im Linz­er Schloss mit 21 Jahren jour­nal­is­tis­ch­er Innen­poli­tik-Erfahrung über die Zukun­ft der Demokratie. Für Obmann Michael Strugl hat das The­ma große Bedeu­tung: „Wir leben in ein­er Zeit, in der sich vieles für die Poli­tik und den Jour­nal­is­mus verän­dert. Ich habe ein wenig die Sorge, dass die Qual­itätsin­for­ma­tio­nen in den Medi­en in Zukun­ft ver­schwinden kön­nten. Was diese Entwick­lung sowie soziale Medi­en und kün­stliche Intel­li­genz für unsere Demokratie bedeuten, wis­sen wir ein­fach noch nicht. Deshalb ist es sin­nvoll schon jet­zt über dieses The­ma zu reden“.

Mit dem Unpopulären starten

„Welche Refor­men wird die neue öster­re­ichis­che Regierung als erstes ange­hen?“ wollte Markus Hengstschläger gle­ich zu Beginn des Gespräch­es wis­sen. „Das kann man nicht genau sagen. Aber eine Regierung sollte am Beginn ihrer Peri­ode mit den unpop­ulären und nöti­gen Maß­nah­men starten, um sich so Spiel­räume für später zu schaf­fen. Daher wird man wohl zuerst ver­suchen, die Aus­gaben im Bund zu brem­sen“, meinte Nowak. Per­sön­lich zeigte sich er sich von ein­er Föder­al­is­mus­re­form nach Schweiz­er Vor­bild ange­tan: Mehr Kom­pe­ten­zen, aber auch mehr Ver­ant­wor­tung für die Bun­deslän­der – und mehr direk­te Demokratie. „Aber das wird kaum real­isier­bar sein“, zeigte sich der Chefredak­teur skep­tisch, der aber eben­so wenig an die Real­isier­barkeit von „mehr Zen­tral­is­mus“ glaubte.

Poli­tis­che Quere­in­steiger funk­tion­ieren sel­ten gut. – Rain­er Nowak

Auf die Frage, was er von poli­tis­chen Quere­in­steigern halte, kam eine klare Antwort: „Quere­in­steiger funk­tion­ieren sel­ten gut. Oft wird überse­hen, dass Poli­tik ein­fach auch ein Handw­erk ist, das man erler­nen muss“. Ander­er­seits gibt es auch immer wieder pos­i­tive Beispiele: „Leute, die ein­fach das richtige Gespür für Poli­tik haben, sind in diesem Meti­er dann auch erfol­gre­ich“, meinte Nowak.

Eventdemokratie

Oft hat­te man im öster­re­ichis­chen Nation­al­ratswahlkampf 2017 gehört, dass die Poli­tik immer mehr zum pop­ulis­tis­chen Event werde. Nowak sieht das aus sein­er jahrzehn­te­lan­gen Erfahrung her­aus entspan­nter: „Auch früher waren manche Poli­tik­er fast so etwas wie Super­stars“, ver­wies er auf den früheren Bun­deskan­zler Bruno Kreisky, „oder sie ver­sucht­en, wie Min­is­ter Hannes Androsch, sich als Top-Man­ag­er aus der Wirtschaft zu stil­isieren“. Aber laut Nowak ist es gle­ich, ob die Poli­tik Events insze­niert oder nicht: „Die Geschichte muss stim­men. Wenn die Geschichte zur Per­son passt, dann funk­tion­iert es und es ist egal, ob man Event­poli­tik macht oder nicht“.

Bewusster Medienkonsum nimmt ab

Die Rolle der Medi­en im demokratis­chen Prozess ist unbe­strit­ten eine zen­trale. Ein neuer Trend ist jedoch, dass der bewusste Medi­enkon­sum abn­immt: „Immer mehr Leute warten, bis Nachricht­en sie in ihren Face­book-Stream von selb­st erre­ichen, lesen keine Zeitun­gen oder schauen keine Nachricht­en mehr. Sie gehen dann davon aus, dass das die rel­e­van­ten News sind, wenn sie zu ihnen durch­drin­gen“, zeigte sich Nowak besorgt und meinte weit­er: „Oft wer­den dann noch dazu Geschicht­en nur kurz ange­le­sen und dann sofort geteilt. So ver­bre­it­en sich Falschnachricht­en oder ein­fach alte Geschicht­en immer wieder“. Markus Hengstschläger wollte natür­lich wis­sen, was dage­gen getan wer­den kann. „Wenn man seinen Nachricht­enkon­sum nach etablierten ‚Medi­en-Marken‘ aus­richtet, hil­ft das bei der Ori­en­tierung für den Einzel­nen“, war Nowaks Antwort. Man darf ein­fach nicht jede Nachricht­en­quelle als ser­iös betrachten.

Generell ste­ht der qual­i­ta­tive Jour­nal­is­mus aber vor einem großen Prob­lem, da die Einkün­fte weg­brechen. „Wenn da nicht irgend­wie gegenges­teuert wird, dann wird es in 10 bis 20 Jahren keine guten Fachjour­nal­is­ten mehr geben“, prog­nos­tizierte Nowak, „dann darf aber bitte auch nie­mand über­rascht tun, denn das war vorherse­hbar“. Es wird in Zukun­ft sich­er neue Tech­nolo­gien geben, neue Kanäle, mit denen berichtet wer­den kann. Der Jour­nal­is­mus wird aber der Jour­nal­is­mus bleiben. Einzelne Jour­nal­is­ten müssen aber in Zukun­ft immer mehr Felder beherrschen: „Schon heute muss man für Print schreiben, für Online denken, muss Videos machen, Soziale Medi­en bedi­enen – das wird in Zukun­ft noch mehr wer­den“, so der Presse-Chefredakteur.