Über „Dirty Campaigning“ haben wir zuletzt leider zu Genüge gehört. Wie man aber Menschen in einem positiven Sinn begeistern und diese sogar in die Entwicklung und Umsetzung einer kreativen Kampagne miteinbeziehen kann, das zeigt das demnächst im deutschen Nomos Verlag erscheinende Buch der Autoren Thomas Duschlbauer und Christian F. Freisleben-Teutscher.
Ihr Fokus liegt dabei auf Guerilla-Taktiken in der Kommunikation. Diese einzusetzen bedeutet zunächst, dass man mit unkonventionellen Methoden Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das Motto heißt dabei nicht „Auffallen um jeden Preis“, sondern Auffallen zu einem möglichst geringen Preis, dafür aber mit originellen und möglichst originären Ideen. So werden Botschaften geschickt im öffentlichen Raum sowie medial platziert.
Die positive Kraft der Utopie
Im Gegensatz zum klassischen Verständnis von Guerilla als eine Art des Kleinkrieges, sehen die beiden Autoren hingegen das wirkliche Potenzial in der künstlerischen Dimension, die dem Beispiel des mittlerweile verstorbenen Aktionskünstlers Christof Schlingensief folgend nicht den Widerstand, sondern das Schaffen widersprüchlicher Situationen in den Vordergrund stellt. „Anstelle von ‚alternativen Fakten‘ und ‚Fake News‘, die lediglich polarisieren und bereits eine bestimmte Meinung vorgeben, stehen hier die Mehrdeutigkeit und die Ironie, die uns zum Nachdenken bewegen und uns dazu anregen, uns selbst eine Meinung zu bilden“, so der Autor und Aktionskünstler Thomas Duschlbauer. Insofern geht es bei dieser Form von Guerilla nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger auf eine Ursache zu deuten, um einen gewünschten Effekt zu erzielen, sondern darum, bloß einen Effekt darzustellen und dabei aber die möglichen Ursachen noch offen zu lassen. „Im Gegensatz zur Apathie der Massen, die durch Dirty Campaigning ausgelöst wird, setzt dieser Ansatz des Clean Campaigning auf die Partiziaption“, ergänzt Christian F. Freisleben Teutscher, der sich bei seiner Tätigkeit u.a. auf die Methoden der Improvisation spezialisiert hat.
Auseinandersetzung mit dem Postfaktischen
Das Buch erklärt insofern eine Fülle an Below-the-Line Aktivitäten, welche unter dem Einsatz möglichst geringer Ressourcen intendieren, Dialoggruppen direkt und aufmerksamkeitsintensiv anzusprechen. Die Ansätze stammen dabei nicht nur aus der Medienwissenschaft. Es werden auch Anleihen aus der Philosophie und der Kunsttheorie genommen. Zudem findet eine kritische Auseinandersetzung mit jenen Bedingungen statt, die das so genannte Zeitalter des Postfaktischen konstituieren und Guerilla nicht bloß als eine Facette nutzen, um mit Widersprüchen etwas bewusst zu machen, sondern um die Öffentlichkeit bewusst zu manipulieren.
Thomas Duschlbauer und Christian F. Freisleben-Teutscher: Guerilla – Exploration, Improvisation und Kommunikation, Verlag Nomos, Baden-Baden, 169 S., Broschiert, ISBN 978–3‑8487–3252‑4, Euro 34.-, erscheint am 31.10.2017
Autor:
Dr. Thomas Duschlbauer, MA (Univ. London): Kommunikations- und Kulturwissenschaftler, lehrt an der Fachhochschule St. Pölten sowie am FH Oberösterreich Campus Hagenberg. Associate member of staff des Goldsmiths College (Centre for Urban and Community Research) in London und Aktionskünstler.
Mag. Christian Freisleben-Teutscher: Absolvierte das Studium der Kommunikations‑, Theater- und Politikwissenschaft an der Universität in Wien. Laufende Weiterbildungen zu Ansätzen und Methoden der Angewandten Improvisation. Tätig an der Fachhochschule St. Pölten sowie für zahlreiche andere Bildungseinrichtungen als Spezialist im Bereich des innovativen Lehrens und Lernens (Inverted Classroom, Game Based Learning etc.).