Der Frei­heits­be­griff wird in unzäh­li­gen Bere­ichen des täglichen Lebens ver­wen­det. Presse­frei­heit, Mei­n­ungs­frei­heit, Wahl­frei­heit sind nur einige Facetten jen­er Frei­heit, welche die Säulen unser­er Gesellschaft darstellen. Viele Frei­heit­en sind jedoch mit Pflicht­en ver­bun­den und diese Pflicht­en entwick­eln sich immer mehr zu Zwän­gen. Frei­heit und Zwänge – wie passt das zusammen?

Wir kön­nen nur in Frei­heit leben, wenn wir Ver­ant­wor­tung übernehmen.

Stressfaktor Freiheit

Jun­gen Men­schen in der west­lichen Welt wird schon ganz früh ver­mit­telt, dass es viele Meilen­steine zu erre­ichen gilt, um ein gutes Leben zu führen.

Dabei eröffnet sich ihnen ein Port­fo­lio an Möglichkeit­en, das schi­er unüber­schaubar scheint: Schw­er­punk­tschulen, berufs­bildende und all­ge­mein­bildende Schulen, Lehre mit Matu­ra, unzäh­lige Stu­di­en­ange­bote an ter­tiären Bil­dung­sein­rich­tun­gen, Kurse, Sem­i­nare, Prak­ti­ka, Aus­landsse­mes­ter und vieles mehr. Mit dieser Fülle an Wahlmöglichkeit­en – der ver­meintlichen Frei­heit, aus unzäh­li­gen Optio­nen die genau passende für einen selb­st zu wählen – entste­ht ein Stressfaktor.

Ein­stiegshür­den wer­den höher, Auf­nah­meprü­fun­gen und Auswahlver­fahren müssen bestanden wer­den, Möglichkeit­en, im Aus­land zu studieren, sind kom­pet­i­tiv und teils kost­spielig. Para­dox­er­weise kon­nten in der Ver­gan­gen­heit weniger Möglichkeit­en oft bess­er genutzt wer­den. Wahlmöglichkeit­en erzeu­gen Stress und sind nicht zwin­gend das entschei­dende Maß, um später ein glück­lich­es Leben zu führen.

Aris­tote­les war der Ansicht, dass das Lebens­glück nur erre­icht wer­den kann, wenn der Men­sch die Frei­heit des unab­hängi­gen Han­delns hat. Doch die Ansprüche der Gesellschaft – Ziele haben, Leis­tung brin­gen, in Min­dest­stu­dien­zeit abschließen, erfol­gre­ich sein – schränken ein unab­hängiges, freies Tun ein. Die Wahl wird zur Qual. Und wer diese „Frei­heit­en“ nicht nutzen will oder kann, zieht sich zurück, um innere Frei­heit zu finden.

Grenzen der Freiheit

Jed­er Men­sch hat die Frei­heit, sich einen Fer­rari zu kaufen, die wenig­sten kön­nen sich diesen jedoch leis­ten. Frei­heit hat also Gren­zen, und meist hän­gen sie mit Ressourcen zusam­men: Geld, Rohstoffe, Arbeit, Zeit. Dabei zeigt sich, dass die Schere zwis­chen Arm und Reich in den ver­gan­genen Jahren einen Grad der Öff­nung erre­icht hat, der nun ver­mehrt in der Mitte der Gesellschaft spür­bar ist. Das führt unweiger­lich zu Radikalisierung, Abgren­zung und dem Ruf nach hartem Durchgreifen.

Denn wer die eigene Frei­heit nicht leben kann, wird langfristig auch die der anderen nicht respek­tieren. Auch moralisch gese­hen erleben wir momen­tan Ein­schränkun­gen von Frei­heit. So wird etwa das Rauchen oder der Kon­sum von Fleisch von der einen oder anderen Lob­by­gruppe als Fehlver­hal­ten mit Hin­weis auf die Schädlichkeit für das eigene Leben und wahlweise für die Umwelt scharf verurteilt. Auch die Stig­ma­tisierung von Unternehmern in unseren Bre­it­en­graden fällt in diesen Bere­ich: Die Erfol­gre­ichen wer­den stig­ma­tisiert, weil sie aus­beu­ter­isch sind, und die Gescheit­erten, weil  sie ver­sagt haben.

Wir brauchen die Akzep­tanz in unser­er Gesellschaft, auch Fehler bege­hen zu dür­fen – und daraus zu lernen.

Freiraum für Fehler

Wo begin­nt und wo endet über­haupt die Frei­heit, selb­st Fehler bege­hen zu dür­fen? Fehler zu bege­hen und so die notwendi­gen Lehren daraus zu ziehen? Ist eine Bevor­mundung in dieser Hin­sicht nicht als Zwang zu ver­ste­hen? Macht uns das nicht unmündi­ger, abhängiger und weniger frei? Man muss auch ler­nen zu scheit­ern, das ist ein wesentlich­er Bestandteil für die Resilienz unser­er Wirtschaft, Poli­tik und Gesellschaft.

Deshalb ist es auch notwendig, ger­ade die wirtschaftliche Frei­heit zu fördern. Hier ist Europa generell etwas unter­en­twick­elt. Denken wir an den Reg­ulierungswahn in Öster­re­ich: Egal wen man fragt, alle sagen schon lange, dass hier etwas getan wer­den muss, um Unternehmer­tum wieder attrak­tiv­er zu machen, aber kein­er tut etwas dafür. Es muss viel ein­fach­er wer­den, ein Unternehmen zu gründen.

Herausforderungen einer freien Welt

Es sind vor allem die Krisen­herde im Nahen Osten und die Flüchtlingskrise, die Europa derzeit vor neue Her­aus­forderun­gen stellen. Und ger­ade hier hat Europa eine Schlüs­sel­po­si­tion inne und ste­ht mit in der Ver­ant­wor­tung, den geflüchteten Men­schen zu helfen und sie vor dem Krieg zu beschützen. Europa darf mit dieser Her­aus­forderung jedoch nicht alleine gelassen wer­den, denn die Sit­u­a­tion bet­rifft die gesamte Welt und muss mit vere­in­ten Kräften gelöst wer­den. Einige europäis­che Staat­en sehen sich nicht in der Ver­ant­wor­tung und nehmen sich die Frei­heit, klare Gren­zen zu set­zen und die Lösung der Flüchtlingskrise anderen zu über­lassen. Das führt zu noch mehr Druck in Län­dern wie Öster­re­ich, Deutsch­land oder Schwe­den. Erschw­erend hinzu kom­men die innereu­ropäis­chen Kon­flik­te im Rah­men der Finanzkrise und die damit ein­herge­hende Schwächung der Sta­bil­ität der Union.

Gesellschaft mit Werten

Die Her­aus­forderun­gen, Friede und Frei­heit zu erhal­ten, sind enorm. Nach­haltige Lösun­gen kön­nen nur in der Bekämp­fung der Ursachen gefun­den wer­den und dies wiederum ver­langt die Bün­delung der Kräfte ein­er Welt­ge­mein­schaft, die gemein­sam Ver­ant­wor­tung übern­immt. Ob und wie der Weg dor­thin bestrit­ten wird, obliegt wiederum den Einzel­nen und den Werten, die den Gesellschafts­for­men zugrunde liegen.  Unsere Gesellschaft muss wieder zu den Werten zurück­find­en, auf denen sie gegrün­det wurde, und darf nicht vergessen, dass diese Werte immer aufs Neue vertei­digt wer­den müssen.