Der FutureTalk, den die Bezirk­sRund­schau gemein­sam mit ACADEMIA SUPERIOR organ­isiert, ermöglicht eine the­ma­tisch freie und uneingeschränk­te Diskus­sion von namhaften Vertreterin­nen und Vertretern aus Oberöster­re­ichs Wirtschaft, Wis­senschaft, Poli­tik und Forschung. So kön­nen direkt am Podi­um neue Ideen und Ansätze für die Zukun­ft des Lan­des entste­hen. Der erste FutureTalk fand am 6. April im Panora­ma-Café der voestalpine Stahlwelt statt.

Zu dem Gespräch ein­ge­laden waren: Dr. Manuela Mace­do­nia (Insti­tut für Wirtschaftsin­for­matik an der JKU Linz, Neu­rowis­senschaf­terin); Univ.-Prof. Dr. Mein­hard Lukas (Rek­tor der JKU Linz, Pro­fes­sor für Zivil­recht); Univ.-Prof. Dr. Alois Fer­scha (Dekan der TNF an der JKU Linz, Vor­stand des Insti­tuts für Per­va­sive Com­put­ing) und Univ.-Prof. DI Dr. Michael Shamiyeh, MA (Leit­er DOM Research Lab, UFG Linz, Innovator).

Mit den Exper­tin­nen und Experten disku­tierten Obmann Dr. Michael Strugl und Mag. Thomas Win­kler (Chefredak­teur BezirksRundschau).

FutureTalk

Die Exper­tin­nen und Experten berichteten über die neuesten Entwick­lun­gen in ihren Fachge­bi­eten und ihre neuesten Forschungsergeb­nisse und disku­tierten anschließend über deren Bedeu­tung für zukün­ftige Entwicklungen.

Der Avatar trainiert mich mit jen­er Fre­quenz, die opti­mal für meinen Lern­er­folg ist. – Manuela Macedonia

Die Neu­rowis­senschaf­terin Manuela Mace­do­nia erforscht derzeit, ob das Gehirn anders lernt, wenn die Inhalte von ein­er leben­den Per­son vor­ge­tra­gen wer­den oder von einem kün­stlichen Men­schen. Erstaunlicher­weise sind die Unter­schiede in den Gehirn­prozessen nicht sehr groß. Die Mas­chine hat sog­ar den Vorteil, hart­näck­iger beim Lehren zu sein als der Men­sch und die Schüler mit jen­er Fre­quenz und Stand­haftigkeit zu trainieren, die für den Lern­fortschritt opti­mal sind.

Allerd­ings bevorzu­gen Kinder andere „Kinder“ um von ihnen zu ler­nen. Eine Erken­nt­nis, die bei der Schaf­fung kün­stlich­er „Lehrerin­nen und Lehrer“ berück­sichtigt wer­den sollte.

Gar nichts hält Mace­do­nia von PC-Action-Shootern: „Es ist klar, durch die lange Zeit, die Kinder mit diesen Spie­len ver­brin­gen, haben sie Ein­fluss auf das Gehirn“. Zwar steigern diese Spiele die Aufmerk­samkeit­sleis­tung von Kindern tat­säch­lich, aber die neg­a­tiv­en Fol­gen sind gravierend: „Es ist erwiesen, dass sie gle­ichzeit­ig die Empathie senken und die Gewalt­bere­itschaft steigern. Den pos­i­tiv­en Effekt der Aufmerk­samkeitssteigerung kön­nte man auch mit anderen Din­gen erre­ichen – ohne die neg­a­tiv­en Neben­er­schei­n­un­gen“, meint die Expertin.

In der neuen Tech­nolo­gie sieht sie das Poten­zial, pro­fes­sionelle Bil­dung auch in jene Gegen­den der Welt brin­gen zu kön­nen, wo bish­er ein Man­gel an gut aus­ge­bilde­ten Päd­a­gogen beste­ht. Eine Möglichkeit, um die Entwick­lung­sun­ter­schiede in der Welt zu verringern.

Men­schen sind keine Maschi­nen und Maschi­nen wer­den nie zu Men­schen wer­den. – Alois Ferscha

Auch Spitzen­in­for­matik­er Alois Fer­scha ist ein Ver­fechter davon, nicht anderen hin­ter­herzuhinken oder Zeit zu investieren, um schon Beste­hen­des zu kopieren: „Wir müssen Neues schaf­fen”, ist sein Plä­doy­er. Er über­legt mit ein­er Forscher­gruppe an der JKU schon jet­zt, welche Ansätze nach der Indus­trie 4.0 kom­men kön­nten. Das richtige Zusam­men­spiel von Men­sch und Mas­chine wird sich­er ein zukun­ftsweisendes The­ma sein. Fer­scha beruhigt aber: „Men­schen sind keine Maschi­nen und Maschi­nen wer­den nie zu Men­schen wer­den.” Dazu seien sie viel zu unter­schiedlich. Den­noch gebe es schon Fälle, in denen Men­schen und Maschi­nen eine so sym­bi­o­tis­che Beziehung haben, dass sie ohne einan­der nicht existieren kön­nen: zum Beispiel bei einem Herzschrittmacher.

Für Fer­scha ist es ein­deutig: es gibt Bere­iche in denen Men­schen den Maschi­nen über­legen sind und umgekehrt auch Bere­iche in denen die Maschi­nen den Men­schen hoff­nungs­los über­legen sind. Zen­tral für die Zukun­ft wird es also sein, das Zusam­men­spiel zwis­chen Men­sch und Mas­chine zu optimieren.

Ein Weg dazu: Infor­ma­tion­süber­tra­gung ohne Hören oder Sehen. So kann der Men­sch mit Vibra­tio­nen in unter­schiedlichen Rhyth­men bis zu zehn unter­schiedliche Infor­ma­tio­nen über die Haut aufnehmen. Banales Beispiel: Man erken­nt am Vib­ri­eren des Handys, wer anruft. Für manche Beruf­s­grup­pen, zum Beispiel Chirur­gen, kön­nte so ein zusät­zlich­er Kanal, auf dem Infor­ma­tio­nen trans­portiert wer­den, sehr nüt­zlich sein.

Die Bil­dungspoli­tik ist derzeit eine Folge der Ide­olo­gie, und nicht der Strate­gie. – Michael Strugl

Die Frage, wie die Dig­i­tal­isierung das Leben und die Arbeitswelt verän­dert, beschäftigt derzeit Obmann Michael Strugl. Die Human­res­source bleibt für ihn auf jeden Fall auch kün­ftig ein­er der wesentlichen Fak­toren für den Wirtschaftsstandort.

Deshalb fordert er Änderun­gen im Zugang zur Bil­dungspoli­tik ein: „Bil­dungspoli­tik ist derzeit eine Folge der Ide­olo­gie, nicht der Strate­gie.” Man ste­he vor einem gordis­chen Knoten: „Vielle­icht muss ein­mal ein schar­fes Schw­ert genom­men und der Knoten radikal durch­schla­gen werden.”

Das Land OÖ hat vor kurzem beschlossen, in den näch­sten Jahren zwei deut­liche Schw­er­punk­te auf die Bere­iche Forschung und Dig­i­tal­isierung zu set­zen. So will man am Puls der Zeit bleiben kön­nen. Es gilt für ihn, vor allem die Schnittstellen zwis­chen Forschung und Wirtschaft zu opti­mieren. „Sieht man sich die Regio­nen an, die am inno­v­a­tivsten sind, dann sieht man, dass diese die Schnittstel­len­prob­lematik am besten gelöst haben“.

Es wird in eine Grup­pen­forschung überge­hen. – Mein­hard Lukas

JKU-Uni­ver­sität­srek­tor Mein­hard Lukas, führte aus, dass der bish­er übliche Einzellehrstuhl an Uni­ver­sitäten – ein Pro­fes­sor beschäftigt sich mit nur einem Fachge­bi­et –nicht mehr zukun­ftsweisend sein. „Es wird in eine Grup­pen­forschung überge­hen und Fach­gren­zen müssen aktiv über­schrit­ten wer­den”, so Lukas.

Fachüber­greifende Zukun­fts­felder sind zum Beispiel Kom­bi­na­tio­nen aus Tech­nik, Recht, Ethik und Sozi­olo­gie. Es darf nicht nur an neuen Tech­nolo­gien geforscht wer­den, par­al­lel dazu muss es auch immer eine Tech­nikfol­gen­forschung geben. Vor allem Let­ztere ist ein zen­traler Fak­tor, denn mit ein­er fehlen­den Akzep­tanz für die jew­eili­gen Forschungs­felder und die neuen Tech­nolo­gien wird die Wis­senschaft gehemmt.  „Tech­nol­o­gis­che Forschung passiert nicht in den Ringstraßen­palais, son­dern hier im Indus­triege­bi­et, wo wir heute sind”, betonte Rek­tor Mein­hard Lukas. Gle­ichzeit­ig steige, je schneller die tech­nol­o­gis­che Entwick­lung voran­schre­it­et, die Bedeu­tung ein­er soli­den Grund­la­gen­lehre, ist der Rek­tor überzeugt.

Wie wir mit der Begren­ztheit der Ressourcen umge­hen, wird in zehn Jahren das The­ma sein.  – Michael Shamiyeh

Die Endlichkeit der Ressourcen beschäftigt Forsch­er Michael Shamiyeh vom DOM-Research Lab an der Linz­er Kun­stu­ni­ver­sität: „Wir ste­hen vor der Phase der Ressourcen-Pro­duk­tiv­ität”, erk­lärt er. Das bedeutet, dass es in Zukun­ft vor allem auch darauf ankom­men wird, wie pro­duk­tiv und effek­tiv mit den ver­füg­baren Ressourcen umge­gan­gen wird. Noch gibt es schein­bar keine Knap­pheit – diese wird erst in eini­gen Jahren voll sicht­bar sein. Da sich zahlre­iche Unternehmen jedoch eher kurzfristige Ziele set­zen, werde die Prob­lematik noch nicht in vollem Aus­maß realisiert.

Wir wer­den uns dann daran machen müssen eine Kreis­laufwirtschaft aufzubauen und Pro­duk­te unter dem Gesicht­spunkt eines Pro­duk­tleben­szyk­lus betra­cht­en. Let­z­tendlich rech­net Shamiyeh mit „grund­sät­zlichen” und „schmer­zlichen” Verän­derun­gen. Im Auto­mo­bilsek­tor werde es einen „Rummser” machen.

Für ihn gibt es drei Empfehlun­gen, die er für die näch­sten Jahre geben kann:

  1. Indus­trielle Fer­ti­gung und Inno­va­tions­fähigkeit bedin­gen sich gegenseitig
    Es hat sich gezeigt, dass Regio­nen, die ihre indus­trielle Pro­duk­tion kom­plett aus­la­gen, auch ihre Inno­va­tions­fähigkeit stark reduzieren. Nur wer die Indus­trie erhält, behält auch die Innovation.
  2. Bahn­brechende Inno­va­tio­nen sind nur durch staatlich­es Engage­ment möglich
    Weltweit wur­den in der Ver­gan­gen­heit alle wichti­gen Inno­va­tio­nen nur durch staatliche Ini­tia­tiv­en vor­ange­bracht. Das heißt, es braucht auch in Zukun­ft starke staatliche Investi­tio­nen in neue Tech­nolo­gien. Das bedeutet aber nicht sim­pel Sub­ven­tio­nen für Forschung, son­dern Investi­tio­nen in Bil­dung und die Bindung von Tal­en­ten vor Ort.
  3. Ressourcenpro­duk­tiv­ität wird das The­ma der Wirtschaft werden
    Wie bere­its oben aus­ge­führt, wer­den wir neue Wege find­en müssen, um der Knap­pheit zu begeg­nen und so unseren Wohl­stand erhal­ten zu können.