[Linz, 29.1.2013] ACADEMIA SUPERIOR lud zur Innovations-Diskussion in die Siemens AG in Linz.
OÖ kann sich im europäischen Innovationswettbewerb gut behaupten — aber Vorstoß unter die bester Regionen bleibt weiter Ziel
Für Oberösterreich als rohstoffarmes Land und kostenintensiver Wirtschaftsstandort ist die Fähigkeit, Innovationen hervorzubringen und diese in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen, von zentraler Bedeutung. Um das Ziel, in Zukunft unter den besten Regionen mitspielen zu können, besser erreichen zu können, hat ACADEMIA SUPERIOR — Gesellschaft für Zukunftsforschung ein „Innovations-Radar” in Auftrag gegeben, das die tatsächliche Innovationsfähigkeit und die Innovationserfolge Oberösterreichs im Vergleich zu den europäischen Regionen bewertet. „Es hat sich gezeigt, dass sich Oberösterreich im europäischen Standortwettbewerb gut behaupten kann: Unter den 260 EU-Regionen lag Oberösterreich 2011 noch auf Platz 74, 2012 hingegen bereits auf Platz 66. Wir sind auf einem guten Weg, aber damit geben wir uns noch nicht zufrieden, wir wollen an die Spitze vorstoßen”, stellte ACADEMIA-SUPERIOR-Obmann LAbg. Mag. Michael Strugl gestern Abend im Rahmen der Präsentation der Studie in der Siemens AG in Linz klar. Mehr als 100 Vertreter der führende Unternehmen Oberösterreichs informierten sich auf Einladung von ACADEMIA SUPERIOR über die Ergebnisse dieser Standortbestimmung und diskutierten über Rahmenbedingungen, die Innovation und Weiterentwicklung ermöglichen.
„Der Mehrwert dieser Studie ist die Vielzahl an Faktoren, die dabei untersucht wurden. Für uns ist wichtig, dass wir nicht nur sehen, wo wir liegen, sondern vor allem auch, was wir von den anderen Regionen lernen können und wo die Erfolgsfaktoren sind”, unterstrich Strugl weiters. Jede Strategie müsse darauf abzielen, noch besser zu werden, vor allem deswegen, weil Regionen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft dramatisch aufgeholt hätten und nun Mitbewerber im Standortwettbewerb seien. Klar sei, dass es beim Ressourceneinsatz Prioritäten geben müsse und man dort ansetzen müsse, wo es die größte Hebelwirkung gebe, etwa im Bereich der Bildung. Hier sei etwa das Schaffen von Technikbegeisterung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der schon im Elternhaus begonnen werden müsse.
Die Spitzenreiter im Innovationsranking seien Hauptstadtregionen und Regionen mit einer besonders ausgeprägten Universitätslandschaft, konkret Oberbayern, Helsinki und Stockholm, erläuterte der Verfasser des Innovations-Radars, Florian Schwillinsky vom International Central European Institute. Die Auswertung der Faktoren zeige aber auch: „Keine Region ist überall Spitze, das ist eine Chance für Oberösterreich”, so Schwillinsky.
Oberösterreich schneide überdurchschnittlich etwa bei der Beschäftigung, dem Wohlstand und den Einkommen ab und liege hier unter den Top-10-% der EU-Regionen. Dazu würden insbesondere die Industrie als Rückgrat der oö. Wirtschaft sowie die Cluster- und Netzwerk-Initiativen beitragen. Auch die gute Innovationsfähigkeit der oberösterreichischen KMUs steche im Vergleich hervor, ebenso das Renommee als Produktionsstandort für technologisch anspruchsvolle Produkte sowie die überdurchschnittliche betriebliche Finanzierung der Forschung (Rang 17).
Herausforderungen würden hingegen im Ausbau des Venture-Capitals bestehen, der Faktor sei in den EU-TOP-Regionen hier rund zehnmal höher. Aufholbedarf gegenüber anderen Regionen bestehe auch in den Humanressourcen, etwa der Anzahl der Menschen, die sich für die Technik begeistern. Hier seien uns unmittelbar benachbarte Regionen wie Prag und Bratislava weit voraus. Speziell das durch den demografischen Wandel bevorstehende „Kippen des Arbeitsmarktes” im Jahr 2015 stelle Oberösterreich vor große Herausforderungen: Ab diesem Jahr werden mehr Menschen in OÖ in Pension gehen als Junge in den Arbeitsmarkt nachrücken. Hier gelte es, die Anziehungskraft des Arbeits- und Lebensraumes weiter zu steigern, etwa indem man die Abwanderung in attraktivere Regionen zu vermeiden versuche und gut qualifizierte Menschen noch gezielter zum Zuzug anrege: „Die Ressource Talent verknappt sich”, betonte Schwillinksy. Möglichkeiten wären etwa das Anlocken von „Forschern auf Zeit” nach dem Vorbild Schwedens.
Die Studie zeige jedenfalls, dass ein Mix der vertieften Kompetenzen entscheidend sei, nicht unbedingt die Konzentration auf Einzelfaktoren, erklärte der Studienautor.
In einer Reflexion der Studie unterstrich DI Dr. Wilfried Enzenhofer von der Upper Austrian Research GmbH die Notwendigkeit der Erhöhung der F&E Ausgaben, speziell im öffentlichen Bereich, jedoch unter Berücksichtigung weitere Innovationsfaktoren. Das Beispiel Mittelfranken zeige, dass auch niedrigere F&E‑Gelder zu einem guten Abschneiden in den Rankings führen könne: „Entscheidend sind nicht nur die Höhe der Mittel, sondern auch der Einsatz der F&E‑Gelder dort, wo es die größte Hebelwirkung gibt”, so Enzenhofer. Auch die Notwendigkeit, junge Menschen für technische Fächer zu begeistern, sieht Enzenhofer als eine der zentralsten Herausforderungen für Oberösterreich, um sich in Zukunft als Region international behaupten zu können. In Sachen Innovationsstrategie werde bereits an einer Verknüpfung von Wirtschaft, Bildung und Forschung gearbeitet, um anstelle von Einzelprogrammen ineinander greifende Maßnahmen zu setzen: „So bekommen wir keine Schnittstellen, sondern Nahtstellen.” Fazit Enzenhofers: „Oberösterreich ist erfolgreich unterwegs, es gibt aber noch gemeinsam sehr viel zu tun!”.
Die anschließende Diskussion mit dem Publikum machte deutlich, welch großes Anliegen die weitre Verbesserung der Innovationsfähigkeit Oberösterreichs für die Wirtschaftstreibenden des Landes ist: Die Studie zeige, dass es noch „viel Luft nach oben” gebe. Am Ehrgeiz, bis an die Spitze vorzustoßen, müsse daher unbedingt festgehalten werden, so der Tenor der Diskussionsbeiträge.
Obmann Strugl konnte bei der ersten ACADEMIA-SUPERIOR-Publikumsveranstaltung des neuen Jahres neben den Hausherrn, Dr. Josef Kinast, Direktor der Niederlassung Linz der Siemens AG Österreich, eine Reihe weiterer prominenter Gäste begrüßen: Die ehemalige Vizerektorin der Pädagogischen Hochschule, Dr. Regina Führlinger; den Geschäftsleiter der FH OÖ Forschungs- und Entwicklungs-GmhH, Prof. (FH) DI Dr. Johann Kastner; den Generaldirektor der Hofer KG, Dr. Günther Helm; den Vorstand der voestalpine-Stahl-GmbH, Peter Ackerlauer; den Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ, DI Dr. Joachim Haindl-Grutsch; den Aufsichtsratsvorsitzenden der KEBA AG, Ing. Karl Kletzmaier; den Geschäftsführer der OÖ. Kreditgarantiegesellschaft, Konrad Remplbauer; den Vorstand der Hödlmayr International AG, KR Johannes Hödlmayr; den Landessportdirektor-Stv. und Präsidenten der Sport-Union OÖ, Franz Schiefermair; den Präsidenten der Katholischen Aktion OÖ, Dr. Bert Brandstetter; sowie die Geschäftsführerin von ACADEMIA SUPERIOR, Dr. Claudia Schwarz.
Eckdaten zur Studie „Europas Regionale Volkswirtschaften im Innovationswettbewerb 2012: Verknüpfung von Wirtschafts- und Statistikdaten zu einem aktuellen Lagebericht”
Erfolgreiche Wettbewerbsvorteile beruhen oft auf vielen „kleinen” Innovationen, die nicht als Patente angemeldet werden.
Ziel der Studie ist es, die tatsächliche Innovationsfähigkeit des Landes OÖ für das Jahr 2012 zu erfassen und in den einzelnen Aspekten zu beschreiben.
130 Regionen aus den insgesamt 260 EU-Regionen sind Teil der sogenannten „EU-Top Innovationsländer” (Schweden, Dänemark, Finnland, Deutschland, Großbritannien, Belgien…) („Messen an den Besten”).
25 Einzelfaktoren zur Innovationsfähigkeit der Regionen in Europa aus den Bereichen „Bildung & Demographie”, „Innovationssystem” und „Innovationserfolg” ermöglicht eine facettenreiche Abbildung des komplexen Innovationsprozesses als technisches, ökonomisches und soziales Phänomen.
- Forschungsintensität
- Patente Hochtechnologie
- Innovative Unternehmen
- Unternehmenskooperation
- Produktinnovative Unternehmen
- Marketing oder Organisationsinnovative Unternehmen
- Öffentliche Ausgaben FuE
- Unternehmensausgaben für FuE
- Venture Capital
- Humanressourcen
- Wissenschaftlerdichte
- Studierende in Ausbildung
- Bildungsstand der Gesamtbevölkerung
- Lebenslanges Lernen
- Bildungsstand der 30–34 Jährigen
- Entwicklung Bildungsstand der 20–24 Jährigen
- Arbeitslosenquote
- Regionales BIP 2012
- Entwicklung des Wohlstandes
- Verfügbares Einkommen
- Exportanteil High-Tech
- Breitbandanschlüsse
- Regelmäßige Internetnutzung
- Bevölkerungswachstum
- Regionale Bevölkerungsvorausschätzungen
OÖ kann sich im europäischen Innovationswettbewerb gut behaupten.
Trend der Standortentwicklung verläuft positiv: von Platz 74 im Jahr 2011 auf Platz 66 im Jahr 2012 (verglichen am Richtwert OÖ=100: EU-Durchschnitt = 92,8; EU Top 130 = 104,0; Oberbayern = 165,8)
Stärken Oberösterreichs liegen in den offenen und attraktiven Forschungssystemen und in der Verknüpfung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Defizite im Bildungsstand der Bevölkerung und in den höheren Bildungsabschlüssen der älteren Bevölkerung.
Foto: von links nach rechts:
Dr. Josef Kinast, Direktor der Siemens AG der Niederlassung Linz; Mag. Michael Strugl, MBA, Obmann ACADEMIA SUPERIOR; Florian Schwillinsky, iceinstiute, Studienautor; DI Dr. Wilfried Enzenhofer, MBA