Die Energie- und Rohstoff-The­matik ist von zen­traler Bedeu­tung für den Stan­dort Oberöster­re­ich, der im Ver­gle­ich zu den anderen Bun­deslän­dern den höch­sten Energie­ver­brauch pro Kopf aufweist. So belief sich der ener­getis­che End­ver­brauch in Oberöster­re­ich im Jahr 2012 auf etwa 167 Ter­a­joule pro Tausend Ein­wohner­In­nen. Ins­ge­samt wird mehr als ein Fün­f­tel des öster­re­ichis­chen Enden­ergie­ver­brauchs in Oberöster­re­ich ver­braucht bzw. umgewandelt.

Energie- und Rohstoffeffizienz — Zweites Kamingespräch am 26. Februar 2014

Ein Grund dafür ist die oö. Wirtschaftsstruk­tur mit ein­er im Bun­deslän­derver­gle­ich stark aus­geprägten energiein­ten­siv­en Indus­trie. So gehen etwa 44 % der Enden­ergie in die Indus­trie bzw. die oö. Unternehmen (Eisen/Stahl/Chemie 19 %, son­st. prod. Sek­tor 25 %).

Um eine langfristige Energiev­er­sorgung sicherzustellen, bedarf es viel­er gle­ichzeit­iger Entwick­lun­gen. Die (weit­ere) Erhöhung der Energieef­fizienz stellt dabei einen Schlüs­selfak­tor für Oberöster­re­ich dar. Wichtige Ansatzpunk­te liegen etwa in der Nutzung von Energie auf allen Stufen des kaskadis­chen (stufen­weisen) Energiesys­tems,  z.B. durch eine forcierte Nutzung von Abwärme und die Fokussierung der Prozessen­ergie. Vor allem braucht es auch eine sys­temüber­greifende Opti­mierung des Energieein­satzes durch eine Steigerung der Energieef­fizienz ent­lang der Wertschöp­fungs­kette und in allen Sek­toren — Wirtschaft, Verkehr, Haushalte. Essen­ziell ist eben­falls die weit­ere Forcierung von Energieef­fizienz über alle Energi­eträger — ‚fos­sile wie auch erneuer­bare — hinweg.

„Wir sind uns meis­tens einig bei den Zie­len, aber es gibt beträchtliche Auf-fas­sung­sun­ter­schiede, wie man sie erre­ichen kann. Deshalb machen wir diese Ver­anstal­tungsrei­he.” – Wirtschaft­s­lan­desrat Dr. Michael Strugl

Ein weit­er­er wichtiger Aspekt bet­rifft die The­men Ressourcenver­brauch und Rohstof­f­ef­fizienz. Es gibt nur eine Welt mit begren­zten Ressourcen, weswe­gen stark auf die Effizien­zsteigerung durch Opti­mierung bzw. opti­mierte Nutzung der Ressourcen geset­zt wer­den muss.

Wesentlich ist, dass alle Sek­toren ihren Beitrag zur Energieef­fizienz und Ressourcenscho­nung leis­ten — und damit gle­ichzeit­ig auch wirtschaftliche Poten­ziale nutzen bzw. erschließen können.

„Wenn unsere Indus­trie, mit ihrem rel­a­tiv ‚umwelt­fre­undlichen‘ Niveau, von ein­er ‚umwelt­feindlichen‘ Indus­trie — Beispiel­sweise in Chi­na — erset­zt wird, dann hil­ft das dem Umweltschutz auch nicht.” – Mag. Erich Frommwald

Vor dem Hin­ter­grund des hohen Anteils der Indus­trie am Energie­ver­brauch in Oberöster­re­ich, erscheint es zielführend, die oö. Unternehmen durch Anreizsys­teme auf dem Weg hin zu ein­er opti­malen Nutzung der Ressourcen zu unter­stützen anstelle sie mit verord­neten Verpflich­tungssys­te­men zu konfrontieren.

Energieeffizienz in Produktionsbetrieben — der aktuelle Stand der Forschung

DI Ines Leob­n­er vom Insti­tut für Energi­etech­nik und Ther­mo­dy­namik der TU Wien betonte, dass sich vor dem Hin­ter­grund steigen­der Energiekosten große Chan­cen zur Opti­mierung des Ressourcenver­brauchs und damit ein­herge­hen­den Kosteneinsparun­gen in Unternehmen ergeben. Als bedeu­tende Rah­menbe­din­gung sind Unternehmen auch zunehmen mit einem steigen­den ökol­o­gis­chen Bewusst­sein der Kon­sumentIn­nen konfrontiert.

„Bere­its für 50 Prozent der Kon­sumenten ist ein niedriger Stromver­brauch ein wichtiges Kri­teri­um beim Kauf von Geräten.” – DI Ines Leobner

Die vorgestell­ten Forschungsprojekte:

-    Pro­jekt INFO an der TU Wien www.projekt-info.org

-    Pro­jekt eta-Fab­rik an der TU Darm­stadt www.eta-fabrik.tu-darmstadt.de

-    Pro­jekt EMC² — Fac­to­ry mit Part­ner aus 9 Län­dern www.emc2-factory.eu

-    Pro­jekt BALANCED Man­u­fac­tur­ing an der TU Wien bama.ift.tuwien.ac.at

Alle Pro­jek­te zeigen klare gemein­same Aus­rich­tun­gen. Im Fokus ste­ht auch bei der Forschung die Suche nach mehr Wet­tbe­werb­s­fähigkeit durch Energieef­fizienz. Dies läuft über die Opti­mierung von ganzen Prozessen bzw. durch die Anwen­dung holis­tis­ch­er bzw. inte­gra­tiv­er Ansätze (z.B. mehr Effizienz auch in Pro­duk­tion­s­ge­bäu­den). Fern­er ori­en­tiert man sich an den gesamten Leben­szyklen von Anla­gen und Pro­duk­ten. Vor diesem Hin­ter­grund ist die Entwick­lung von entsprechen­den Pla­nungs- und Steuerungstools zur Real­isierung von Energieef­fizienz­maß­nah­men in Pro­duk­tions­be-trieben ein wichtiges Forschungsziel.

Wie Unternehmen, die ver­stärkt auf die effiziente Nutzung von Energie bei ihren Pro­duk­tion­sprozessen und ihren Pro­duk­ten Wert leg­en, Wet­tbe­werb­svorteile gener­ieren kön­nen, zeigte DI Leob­n­er an Hand einiger Beispiele auf. So kann etwa die Ver­wen­dung eines inte­gri­erten Pla­nungsansatzes bei neu zu errich­t­en­den Anla­gen zu beträchtlichen Energie- und Kosteneinsparun­gen führen.

Oft­mals kön­nen auch bere­its kleine Maß­nah­men — wie z.B. eine Pro­duk­tion­sum­rei­hung — zu deut­lichen Energieeinsparun­gen und Kostenre­duk­tio­nen führen.

Rohstoffeffizienz als Wettbewerbsfaktor am Beispiel der AMAG Austria

Priv. Doz. DI Dr. Hel­mut Kauf­mann, COO der AMAG Aus­tria Met­all AG, besprach die Bedeu­tung von Rohstoff- und Energieef­fizienz aus der Sicht eines großen Indus­triebe­triebes. Im speziellen Fall der AMAG aus der Warte eines Unternehmens das naturgegeben einen hohen Energiebe­darf aufweist, da die Her­stel­lung von Pro­duk­ten aus Alu­mini­um sehr energiein­ten­siv ist.

Die AMAG kommt in ihrem Stan­dort in Ran­shofen jedoch auf Recy­clin­grat­en zwis­chen 75–80 %. Was eine enorme Energieeinsparung bedeutet, denn die Her­stel­lung eines Pro­duk­tes, z.B. ein­er Alu­mini­um­dose, aus recycel­ten Alu­mini­um bedarf nur 10 % der Energie, die bei der Her­stel­lung ein­er kom­plett neuen Dose aufgewen­det wer­den müsste.

Vor diesem Hin­ter­grund muss die derzeit gängige Prax­is des Exportes von Met­allschrott in Län­der außer­halb der Europäis­chen Union hin­ter­fragt wer­den. Ca. 700.000 Ton­nen Schrott wer­den jedes Jahr aus der Europäis­chen Union, vor allem nach Chi­na und Indi­en exportiert.

„Schrott ist gespe­icherte Energie!” – DI Dr. Hel­mut Kaufmann

Gle­ichzeit­ig ist eine zukün­ftige Pro­duk­tion von Alu­mini­umerzeug­nis­sen nur durch den auss­chließlichen Ein­satz von Recy­cling­gütern nicht möglich. Da der Bedarf an Alu­mini­um weltweit ansteigt, kann nicht auf die Pro­duk­tion von Primära­lu­mini­um verzichtet wer­den, um die Nach­frage zu deck­en. Poten­tial beste­ht jedoch z.B. durch höhere Recy­clin­grat­en von Dosen. Hier liegt Öster­re­ich mit ein­er Dosen­re­cy­clin­grate von 65 % weit hin­ter den nordeu­ropäis­chen Staat­en, die auf Rat­en von über 90 % gelangen.

Die Pro­duk­tion von Alu­mini­um in Europa leis­tet in mehrfach­er Weise einen Beitrag zum Kli­maschutz. Da Pro­duk­tion­sstät­ten in Europa höhere Umweltau­fla­gen umset­zen, als Unternehmen in anderen Wel­tre­gio­nen, tra­gen die europäis­chen Betriebe zu ein­er Ver­min­derung der CO2 Emis­sio­nen bei. Dr. Kauf­mann präsen­tierte in diesem Kon­text Maß­nah­men zur Erhöhung der Energieef­fizienz im Zuge der Stan­dort­mod­ernisierung in Ran­shofen — etwa durch die Nutzung mod­ern­ster Öfen aus Oberöster­re­ich oder Wärmerück­gewin­nun­gen in Walzw­erk, Plat­ten­fer­ti­gung und bei Walzbarrengießanlagen.

Würde die europäis­che Pro­duk­tion von Alu­mini­um gän­zlich ins EU-Aus­land ver­legt wer­den, dann wäre Europa für 178 % höhere CO2-Emis­sio­nen verantwortlich.

Ein weit­er­er Beitrag der Alu­mini­umpro­duk­tion zum Umweltschutz zeigt zB die Erhöhung der Energieef­fizienz durch den Ein­satz von Alu­mini­um in der Nutzungsphase, etwa im Fahrzeugbau.

Wenn über­zo­gene Umwelt­nor­men die Pro­duk­tion in Öster­re­ich oder Europa zu teuer machen, wer­den Unternehmen voraus­sichtlich abwan­dern. Die Fol­gen durch die so ver­lorene Wet­tbe­werb­s­fähigkeit, wären nicht nur ver­lorene Arbeit­splätze son­dern auch eine glob­al höhere Umwelt­be­las­tung. Denn die Pro­duk­te wer­den trotz­dem nachge­fragt und fol­glich auch pro­duziert wer­den — nur eben mit höheren Umwelt­be­las­tun­gen. Daher sollte die Abwan­derung von Bench­mark-Unternehmen aus der EU (z.B. durch über­zo­gene geset­zliche Energieef­fizienzziele) unbe­d­ingt ver­mieden wer­den. Seit­ens der öster­re­ichis­chen Geset­zge­bung gelte es weit­er, Wet­tbe­werb­sverz­er­run­gen inner­halb der EU zu eliminieren.

Diskussion und Resümee

In der nach­fol­gen­den Diskus­sion zwis­chen Experten aus Unternehmen, Ver­wal­tung, Poli­tik und Forschung adressierte Herr DI Gün­ter Liebel, Leit­er der Sek­tion V „All­ge­meine Um-welt­poli­tik” im Bun­desmin­is­teri­um für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft (BMLFUW), einige der Befürch­tun­gen der anwe­senden Unternehmer und Unternehmerin­nen hin­sichtlich zu strenger Umweltau­fla­gen durch die Europäis­che Union oder die Repub­lik Öster­re­ich. Die Europäis­che Union disku­tiert derzeit neue Kli­maziele, u.a. weil im Jahr 2015 in Paris ein neues Weltk­li­maabkom­men unterze­ich­net wer­den soll und sie sich daher schon im Vor­feld auf gemein­same Ziele eini­gen muss. Die von der im vor kurzem veröf­fentlicht­en EU-Kli­ma- und Energiepaket 2030 vorgeschla­ge­nen Ziele, bis 2020 20 %, bzw. bis 2030 40 % ihrer Treib­haus­gas-Emis­sio­nen einzus­paren, seien, so ist dem dies­bezüglichen Impact Assess­ment der Europäis­chen Kom­mis­sion zu ent­nehmen, Großteils mit den derzeit bere­its geset­zten bzw. vere­in­barten den Maß­nah­men zu erre­ichen.  Außer­dem beste­he derzeit noch ein großer Über­hang an CO2-Zer­ti­fikate zur Ver­fü­gung, weswe­gen es wahrschein­lich noch bis 2024 Gratis-Zer­ti­fikate für die Indus­trie geben werde.

In der Diskus­sion wurde mit Blick auf die europäis­chen Energieeinsparungsziele fern­er betont, dass die innereu­ropäis­che Las­ten­verteilung zur Erre­ichung dieser Ziele wesentlich sei — und dass also nicht wie bish­er die EU-15 und deren Indus­trien zugun­sten der neuen EU-Län­der belastet werden.

Die Vor­gabe von 20 % Primären­ergieeinsparung bis zum Jahr 2020, im Ver­gle­ich zum erwarteten Anstieg bei einem Busi­ness-As-Usu­al-Szenario, wird jedoch wahrschein­lich nicht erre­icht wer­den. Zwis­chen 2006 und 2012 ging der Energie­ver­brauch in der Europäis­chen Union zwar um 8 % ( in Öster­re­ich um 2,4 %) zurück,  ob dies jedoch aus­re­icht, um das Ziel bis 2020 zu erre­ich ist fraglich.

Der Bedarf nach einem öster­re­ichis­chen Energieef­fizien­zge­setz, dass mehr auf Anreize und weniger auf Ver­bote set­zt, wurde mehrmals vorge­bracht. Absolute Energie-Senkungsziele soll­ten ver­mieden wer­den; stattdessen soll­ten rel­a­tive Ziele geset­zt werden.

Die Ver­anstal­ter Wirtschaft­s­lan­desrat Dr. Michael Strugl für die ACADEMIA SUPERIOR, Mag. Erich Frommwald für die Indus­triel­len­vere­ini­gung Oberöster­re­ich beton­ten zum Abschluss ein­mal mehr, dass Energieef­fizienz, wie auch Rohstof­f­ef­fizienz, für Oberöster­re­ich als energiein­ten­sivstes Bun­des­land mit einem starken pro­duzieren­den Sek­tor ein entschei­den­der Fak­tor sind. In Oberöster­re­ich und durch die oö. Indus­trie wurde bere­its vieles in dieser Hin­sicht unter­nom­men. Insofern stellt das Land mit sein­er Unternehmensland­schaft auch einen Vor­re­it­er in punc­to Energieef­fizienz dar. Diese müsse auch bei der Erlas­sung legis­tis­ch­er Maß­nah­men im Energiebere­ich berück­sichtigt werden.

Die Zusam­me­nar­beit der ACADEMIA SUPERIOR und der Indus­triel­len­vere­ini­gung Oberöster­re­ich im Bere­ich Energiepoli­tis­che Per­spek­tiv­en wir im Mai mit einem weit­eren Kaminge­spräch zum The­ma Energieforschung fort­ge­set­zt werden.