Schnitzerl bitte!

Vom Schwein, der Grille oder aus dem Drucker?

Fleischkonsum steht vor Herausforderungen

Die Men­schheit will Fleisch essen. Viel Fleisch. Und der glob­ale Hunger nach tierischen Pro­teinen nimmt nicht ab. Im Fleis­chat­las 2014 wird prog­nos­tiziert, dass die weltweite Fleis­cherzeu­gung bei Weit­er­führung des derzeit­i­gen Trends bis Mitte des Jahrhun­derts von gegen­wär­tig 300 Mil­lio­nen Ton­nen auf fast eine halbe Mil­liarde Ton­nen steigen wird. Gle­ichzeit­ig wird sich die Fut­ter­mit­tel­pro­duk­tion — vor allem der Sojaan­bau — zur Mäs­tung der Schlacht­tiere fast ver­dop­peln: von derzeit 260 auf über 500 Mil­lio­nen Tonnen.(1)

Den Preis für die steigende Fleis­chnach­frage ken­nt man nur zu gut: Die Fleis­cherzeu­gung wird weltweit immer überdi­men­sion­iert­er und indus­tri­al­isiert­er — mit Neben­ef­fek­ten wie Antibi­otikamiss­brauch, Fleis­chskan­dalen, Hor­mon­rück­stän­den im Fleisch, Abholzung der Regen­wälder für den Fut­ter­mit­te­lan­bau, Füt­terung mit genetisch verän­derten Fut­ter­mit­teln, ver­mehrter Ausstoß von Klima­gasen durch riesige Tier­her­den usw. usw. usw.

Die Alternativen?

Weniger Fleis­chkon­sum oder der totale Verzicht auf Fleisch (veg­e­tarische oder sog­ar veg­ane Ernährungsweise) wer­den als einzige Möglichkeit­en bew­ertet, um den steigen­den Kon­sum einzubrem­sen und eine Krise der glob­alen Lebens­mit­telver­sorgung zu verhindern.(2) Denn trotz per­ma­nent steigen­der land­wirtschaftlich­er Pro­duk­tion geht die Zahl der Hunger lei­den­den Men­schen kaum zurück und ein­er von acht Men­schen weltweit geht jeden Tag hun­grig schlafen.(3) (Zur Ver­an­schaulichung, siehe die Welthungerkarte rechts).

Eines ist klar: Mit den derzeit­i­gen Möglichkeit­en und Pro­duk­tions­for­men wird es nicht möglich sein, dass die gesamte Welt­bevölkerung auch nur annäh­ernd ähn­liche Ernährungsweisen und einen Fleis­chkon­sum, wie die Bevölkerung in Europa erre­ichen wird. Entwed­er wird auch in Europa weniger Fleisch kon­sum­iert oder es müssen neue „Fleis­chquellen” erschlossen werden.

Insekten

Die Food and Agri­cul­ture Orga­ni­za­tion (FAO) der Vere­in­ten Natio­nen ver­sucht schon seit Jahren den Verzehr von Insek­ten als Alter­na­tive für Fleis­chkon­sum zu bewer­ben. Gegen­wär­tig leben ca. zwei Mil­liar­den Men­schen sowieso davon, Insek­ten auf ihrem täglichen Speise­plan zu haben. Und die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen: Ess­bare Insek­te­narten benöti­gen deut­lich weniger land­wirtschaftliche Fläche, Fut­ter­mit­tel und Wass­er um dieselbe Menge an Pro­tein wie Schwein und Rind zu pro­duzieren. Und sie emit­tieren dabei weniger Treib­haus­gase. Auch kön­nte ihr ver­stärk­ter Ein­satz als Tier-Fut­ter­mit­tel den Ozea­nen helfen. Denn derzeit wird fast die Hälfte der Fis­ch­pro­duk­tion, als Fis­chmehl, an Nutztiere weiterverfüttert.(4)

Der Auf­bau von großen Insek­ten-Far­men kön­nte also die über­fis­cht­en Welt­meere ret­ten und die glob­ale Ernährungssi­t­u­a­tion entspan­nen. Eine andere alter­na­tive Pro­duk­tions­form set­zt eher auf einen tech­nis­chen Ansatz:

Fleisch-Printer

Fleisch im Labor zu zücht­en ist keine neue Idee. Dass man es, wie in einem 3D-Print­er aus­druck­en kann, ist schon inno­v­a­tiv­er. Dies umzuset­zen, ver­sucht seit zwei Jahren das US-Unternehmen Mod­ern Mead­ow. Bei der Bio­print­ing-Tech­nik wird mit­tels ein­er „Biot­inte” aus ver­schiede­nen leben­den Zell­typen, ess­bares Fleisch — oder auch Led­er — gedruckt. (siehe das TedTalk-Video rechts)

Ziel der Grün­der ist nicht ein­fach nur ess­bares Fleisch herzustellen. Durch die Meth­ode sollen die oben genan­nten glob­alen Prob­leme eben­falls gelöst wer­den. Manche Für­sprech­er sehen in der Bio­fab­ri­ca­tion die einzige Chance um den glob­alen Nahrungsmit­tel-Kol­laps zu ver­hin­dern.  Aber viele Kon­sumenten sind skep­tisch. So glauben fast 80 Prozent der US-Amerikan­er nicht, dass sie Fleisch essen wür­den, das im Labor gezüchtet wurde.(5)

Jedoch kön­nen wir derzeit beobacht­en, wie 3D-Druck­er immer pop­ulär­er wer­den, und man spricht schon von einem neuen Zeital­ter der Pro­duk­tion — kön­nten 3D-Bio-Print­er eben­falls die Lebens­mit­tel­pro­duk­tion rev­o­lu­tion­ieren und ein­mal in jedem Haushalt stehen?

Insekten und Bio-Printer als Wirtschaftsfeld der Zukunft?

Möglicher­weise benötigt es eine Kom­bi­na­tion aus den bei­den genan­nten Alter­na­tiv­en um sie wirk­lich glob­al durch­set­zbar zu machen: Insek­ten pro­duzieren in großen Far­men kostengün­stig jene Pro­teine, aus denen dann ver­schiedene Biot­in­ten pro­duziert wer­den.  Aus der Biot­inte — die man dann vielle­icht im Super­markt kaufen kann- kön­nen sich die Kon­sumenten zu Hause ihr lieb­stes Fleis­chgericht zusam­men­stellen. Vielle­icht ste­ht in 15 Jahren in jedem Haushalt neben dem Ofen auch ein 3D-Bio-Printer.

Kön­nte die Bio­fab­ri­ca­tion in Kom­bi­na­tion mit Insek­ten­zucht eine der Inno­va­tio­nen sein, die die oberöster­re­ichis­che  Land­wirtschaft braucht? Oder bedeutet sie eine  Bedro­hung für die Beschäf­ti­gung? — immer­hin haben in Oberöster­re­ich ca. 100.000 Arbeit­splätze etwas mit der Pro­duk­tion von Lebens­mit­teln zu tun.

Quellen:

(1) Chris­tine Chem­nitz: Uner­sät­tlich­er Welt­markt. In: Hein­rich-Böll-Stiftung/ Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland/ Le Monde diplo­ma­tique (Hg): Fleis­chat­las 2014. Berlin 2014. S. 10–11.

(2) Claus Leggewie/ Har­ald Welz­er: Das Ende der Welt, wie wir sie kan­nten. Kli­ma, Zukun­ft und die Chan­cen der Demokratie. S. Fis­ch­er Ver­lag. Frank­furt am Main 2013, 2. Auflage, S.45f.

(3) World Food Pro­gram: Hunger. Auf: wfp.org am:11.08.2014.

(4) FAO: Edi­ble insects. Future prospects for food and feed secu­ri­ty. FAO Forestry Paper 171. Rom 2013.

(5) Syd­ney Brown­stone: Most Amer­i­cans Do Not Want Google-ish Glass­es, Drones, Or Lab-Grown Meat. Auf: fastcoexist.com am 21.4.2014.