Transparenz und fruchtbare Unruhe: Eine bessere Demokratie

Was braucht Oberösterreichs Politik, um das Land erfolgreich in die Zukunft zu lenken?

Oswald Oswald Met­zger, der Poli­tik-Quer­denker aus Deutsch­land und Experte beim SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM „From Good to Great – Der Weg zu den Besten“ in Gmunden, emp­fahl einen auf Trans­parenz und Infor­ma­tion aus­gerichteten Dia­log zwis­chen Poli­tik und Bürg­erin­nen und Bürg­ern, um Akzep­tanz für notwendi­ge Maß­nah­men auf dem Weg zu den Besten zu erreichen.

Oswald Metzger im Interview

Meine Kar­riere als Poli­tik­er begann, als ich mit 19 Jahren Mit­glieder der SPD wurde. Ich wuchs bei meinen Großel­tern auf, eher kon­ser­v­a­tiv­en Leuten aus der Arbeit­erk­lasse. Mein Groß­vater sagte, „Wer in sein­er Jugend nicht links ist, hat kein Herz; wer im Alter immer noch links ist, hat keinen Verstand.“

Ich arbeit­ete sechs Jahre lang für die SPD bevor ich bemerk­te, dass sich meine per­sön­lichen Ansicht­en von denen der Partei unter­schieden. Also trat ich 1979 aus und beschloss, nie wieder Mit­glied ein­er Partei zu wer­den. 1980 wurde die Grüne Partei gegrün­det. Ich war in mein­er Gemeinde aktiv und viele Leute dacht­en, ich wäre Teil dieses neuen Vere­ins, also bin ich schließlich beige­treten. Das hielt 21 Jahre!

„Mehr Eigen­ver­ant­wor­tung ist der Schlüs­sel zu ein­er erfol­gre­ichen Zukun­ft ein­er Gesellschaft.”

Als ich Rechtswis­senschaften studierte, meldete ich ein Schreib­büro an. Ich lernte damals unternehmerisch zu sein und mark­to­ri­en­tiert­er in meinem Wirtschaftsver­ständ­nis. Deshalb wurde ich „der erste Grüne Poli­tik­er, der irgen­det­was von Geld und Wirtschaft ver­ste­ht“ genan­nt. Im Laufe der Zeit macht­en die Grü­nen einen gewalti­gen Linksruck. Als sie beschlossen, dass jed­er Men­sch ein von Steuergeld bezahltes bedin­gungslos­es Grun­deinkom­men bekom­men soll, ver­ließ ich 2007 die Grü­nen. Heute bin ich auf nationaler Ebene im Wirtschafts­flügel der CDU aktiv und betreibe eine kleine Denk­fab­rik, den „Kon­vent für Deutsch­land“. Sie beste­ht aus früheren Poli­tik­erin­nen und Poli­tik­ern aller Parteien in Deutschland.

MindMap: Interview mit Oswald Metzger (dt)
MindMap: Inter­view mit Oswald Met­zger (dt)

Wenn ich an die Reise vom Guten zum Besseren denke, komme ich zu dem Schluss, dass wir in Deutsch­land eine unglaubliche Trägheit haben. Wir haben zu viele Men­schen, die für nichts mehr ste­hen. Früher hat­ten wir Staat­sleute im besten Sinne des Wortes: zuerst kommt das Land, dann die Partei und dann ich. Solche Men­schen wer­den weniger und weniger. Ich glaube wir manchen heute in allen Demokra­tien einen riesi­gen Fehler. Demokratie hängt von ein­er gut informierten, aufgeschlosse­nen, ver­ant­wor­tungsvollen Bevölkerung ab – das gilt für alle Men­schen und nicht nur für die Eliten. Aber Europa wurde als Elitepro­jekt errichtet. Es gab noch nie so viele Zen­trifu­galkräfte wie heute, so viel Hass und Vorurteil.

Jed­er Jurist würde sagen, dass die lateinis­che Phrase „Punc­ta sunt ser­van­da“ – Abkom­men müssen einge­hal­ten wer­den – in Europa nicht mehr gel­ten. Man schreibt einen Fiskalpakt, zwei Jahre später wirft man ihn weg. Das ist müh­sam und erschreck­end. Wenn man eine gut informierte Bevölkerung in ein­er Demokratie will, muss man den Men­schen die Grund­la­gen der sozialen Ord­nung erk­lären. Als Bevölkerung möcht­en wir geschätzt wer­den, wir wollen ernst genom­men wer­den. Wir möcht­en auf unseren eige­nen Füßen ste­hen kön­nen, etwas aus uns machen. Wenn ich das tue, trage ich zur Gemein­schaft bei. Aber diese Grund­la­gen gehen verloren.

„Wir brauchen eine ‚frucht­bare Unruhe’ – Sat­uri­ertheit ist die Vorstufe zum Scheitern.”

Wir haben unsere Bevölkerung umer­zo­gen zu der Denkweise, dass der Staat alles richt­en wird. Aber diese Leis­tun­gen kosten Geld. Man muss das erst gener­ieren durch Steuern und Abgaben, bevor man Schecks an die Bevölkerung verteilen kann. Der Staat ist kein Schweiz­er Taschen­mess­er. Er kann nicht als eier­legende Wollmilch­sau funktionieren.

Wie schafft man Verän­derung? Die Lebenser­fahrung lehrt uns, dass sich Dinge nur dann ändern, wenn es eine Krise gibt. Das stimmt für Unternehmen, die Poli­tik und die Gesellschaft. Refor­men in guten Zeit­en sind fak­tisch unmöglich.

Wenn man in Oberöster­re­ich den Weg zu den Besten gehen will, muss man eine Diskus­sion über die Zukun­ft ini­ti­ieren. Man muss den Zeit­geist so infizieren, dass die richti­gen Fra­gen gestellt wer­den. Man muss so etwas wie eine „frucht­bare Unruhe“ aus­lösen – denn satt zu sein, selb­st­ge­fäl­lig und kom­fort­a­bel ist ein Vor­läufer des Misserfolgs.

Zur Person

Oswald Met­zger gilt als poli­tis­ch­er Quer­denker. Seine Arbeit und sein Leben als Poli­tik­er sind vor allem von einem Fak­tor geprägt: das Fes­thal­ten an seinen Überzeugungen.

Met­zger startete seine poli­tis­che Kar­riere 1974 bei der SPD, war dann parteiun­ab­hängig, wech­selte 1987 für knapp 21 Jahre zu den Grü­nen, ehe er 2008 Mit­glied der CDU wurde. Während sein­er gesamten poli­tis­chen Lauf­bahn ver­trat Met­zger selb­st gegen gängige Parteilin­ien immer seine eigene Meinung.

2003 erschien Oswald Met­zgers Buch „Ein­spruch. Wider den organ­isierten Staats­bankrott“, in dem er öffentlich Kri­tik an der riskan­ten Ver­schul­dungspoli­tik Deutsch­lands äußerte. 2009 erschien mit „Die ver­lo­gene Gesellschaft“ ein Buch, in dem Met­zger das gesellschaft­spoli­tis­che Dilem­ma der Ehrlichkeit in der Poli­tik the­ma­tisiert und verarbeitet.

Oswald Met­zger ist seit 2010 stel­lvertre­tender Lan­desvor­sitzen­der der Mit­tel­stands- und Wirtschaftsvere­ini­gung in Baden Würt­tem­berg und geschäfts­führen­der Sekretär des „Kon­vent für Deutschland“.