Wolf Wondratschek | Deutscher Literat

Freiheit muss man verschwenden. Wolf Wondratschek - Experte beim Surprise Factors Symposium 2016 - erklärt seine Perspektive auf das Thema.

Ich gehöre ein­er Gen­er­a­tion an, in deren auf elek­trischen Gitar­ren gespiel­ten Hym­nen viel von Frei­heit die Rede war, am berühmtesten vielle­icht die Zeile freedom’s just anoth­er word for noth­ing left to loose. Aber wer hätte nichts zu ver­lieren? Und: Was haben wir nicht bere­its ver­loren? Die Luft. Die offe­nen Meere. Die Hoheit über das Glück, geboren zu sein.

Frei­heit muss man ver­schwen­den. Man muss auch das, was man nicht hat, verschwenden.

Wenn wir wenig­stens die Liebe dem Reich der Frei­heit zuord­nen kön­nten! Wenn sie, noch nicht ver­rat­en und verkauft, wenig­stens der stärk­ste Aus­druck unser­er Liebe zur Frei­heit wäre? Aber ist, was wir Frei­heit (oder Liebe) nen­nen, nicht nur das Zer­e­moniell, mit dem wir uns für die Tat­sache schad­los hal­ten, nicht fliegen zu kön­nen? Wir ver­suchen es manch­mal behelf­s­mäßig mit diversen Schwe­bezustän­den, je nach Alter anders; was zu den üblichen Kon­fu­sio­nen, zu nicht immer unge­fährlichen Selb­stüber­schätzun­gen führt. Wer will, wenn er schwebt, eine nüchterne Bilanz über seine Chan­cen haben, die Arme aus­bre­it­en zu dürfen?

Schutz gegen die bleierne Welt der Unfrei­heit, das ist es, was die, die sin­gen, suchen. Und wir, die wir ihnen zuhören, auch.

———-

Wolf Won­dratschek wurde 1943 geboren und wuchs in Karl­sruhe auf. Der Schrift­steller studierte Lit­er­atur­wis­senschaft, Philoso­phie und Sozi­olo­gie in Hei­del­berg, Göt­tin­gen und Frank­furt bei Hans Georg Gadamer und Theodor W. Adorno. Heute lebt er in Wien.

Noch vor seinem dreißig­sten Leben­s­jahr veröf­fentlichte Won­dratschek seine ersten bei­den Büch­er „Früher begann der Tag mit ein­er Schußwunde“ (1969) und „Ein Bauer zeugt mit ein­er Bäuerin einen Bauern­jun­gen, der unbe­d­ingt Knecht wer­den will“ (1970). Mar­cel Reich-Ran­ic­ki war es, der auf Won­dratscheks erstes Werk Lobeshym­nen schrieb.

Zahlre­iche Lyrik, Essays, Musik­texte, Kurzprosa, Erzäh­lun­gen und Romane wur­den vom gebür­ti­gen deutschen Schrift­steller ver­fasst, seine Werke wur­den in mehrere Sprachen übersetzt.

Bekan­nt sind vor allem auch seine Erzäh­lung „Mara“ über das berühmteste und wohl auch teuer­ste von Anto­nio Stradi­vari gebaute Cel­lo und der Gedichtzyk­lus „Das Mäd­chen und der Messer­w­er­fer“, das 2014 als Bal­lett in der Bay­erischen Staat­sop­er uraufge­führt wurde.

Wolf Won­dratschek gilt als absoluter Freigeist, dessen gesellschaft­skri­tis­che Hal­tung vor allem zu Beginn sein­er lit­er­arischen Kar­riere charak­ter­is­tisch war.

Der Schrift­steller erhielt bis heute drei wichtige Ausze­ich­nun­gen: den Leonce-und-Lena-Preis (1968), den Hör­spiel­preis der Kriegs­blind­en (1970) und den Lit­er­atur­preis der Wil­helm und Chris­tine Hirschmann-Stiftung (2012).