Wie werden Klassenzimmer in zehn Jahren aussehen? Wozu braucht es noch Lehrer, wenn es künstliche Intelligenz gibt? Was werden Kinder in Zukunft lernen und wie kann ein gerechtes Bildungssystem aussehen? Antworten auf diese und andere Fragen suchten Schülerinnen und Schüler der 6N1 des Gymnasiums Dachsberg.
Unterstützt wurden sie dabei vom Linzer Think Tank ACADEMIA SUPERIOR. Nach vielen Experteninterviews und Recherchearbeit präsentierten die Schüler das Ergebnis ihrer Suche bei den Dachsberger Zeitgesprächen 2018 in fünf Kurzvideos und diskutierten die Herausforderungen vor denen das Schulsystem steht mit Expertinnen und Experten. Nach der Veranstaltung konnte das Publikum noch auf einem „Marktplatz der Bildung“ mit den anwesenden Schülern und Bildungsexperten weiterdiskutieren.
Alle Videos und Infos zum Projekt gibt es unter: zeitgespräche.dachsberg.at
Wozu Bildung?
Schule sollte nicht vordefinierten Interessen dienen, sondern den Schülerinnen und Schülern Eigenverantwortung übertragen und sie zum Querdenken anregen, darüber war sich das Podium der insgesamt 4. „Dachsberger Zeitgespräche“ am 27.4. einig. Hausherr und Direktor Mag. P. Ferdinand Karer bedauerte eine zunehmende Bürokratisierung des Schulsystems und dass es zwar viele Änderungen im System gegeben hätte, aber keinen echten Wandel. Den „Mut zum Wandel“ hat er mit der Einführung der „Flexzeit“ am Gymnasium Dachsberg gewagt und machte damit sehr gute Erfahrungen.
„Das Ziel der Bildung ist das Menschwerden.“ – Direktor Mag. P. Ferdinand Karer
Das humanistische Bildungsziel ist für den Obmann der ACADEMIA SUPERIOR, LH-Stv. Dr. Michael Strugl, das optimistische Ideal. Den Lehrerberuf aufzuwerten, nannte er einen wichtigen Ansatzpunkt: „denn, wenn wir die besten Pädagoginnen und Pädagogen haben, haben wir auch gute Schulen.“ Besonders wichtig sei es, so Strugl, die Bildungsdebatte ideologisch zu entkoppeln und sich an den Fähigkeiten und Talenten der Schülerinnen und Schüler zu orientieren. „Chancengerechtigkeit heißt nicht Gleichheit: Damit alle die gleiche Chance haben, braucht jeder etwas anders,“ so Strugl mit Verweis auf das Buch von Markus Hengstschläger „Die Durchschnittsfalle“.
„Für alle das Gleiche ist nicht gerecht.“ – Landeshauptmann-Stv. Dr. Michael Strugl
Wie funktioniert Bildung in Zukunft?
„Teach for Austria“ beginnt im Herbst auch in Oberösterreich, sogenannte „Fellows“ an Brennpunktschulen einzusetzen. Quereinsteiger und Studienabsolventen aller Studienrichtungen, unterrichten dabei zwei Jahre lang als vollwertige Lehrkräfte und versuchen so, in besonders schwierigen Umfeldern Chancengerechtigkeit zu fördern und Lebenswege positiv zu beeinflussen. Dem Oberösterreich-Direktor von Teach for Austria Bernhard Reingruber geht es weniger um das System, als um die Menschen: „Es geht nicht darum, wie man den Unterricht und Schule anders gestaltet, sondern wie wir Lehrerinnen und Lehrer am besten unterstützen können.“
„Exzellente Lehrer können Lebenswege verändern.“ – Bernhard Reingruber, MSc
Helga Geyrecker, MAS, ist COOL-Koordinatorin am Schulzentrum Ybbs und hat durch den pädagogischen Ansatz des „Cooperatives Offenes Lernen“ wieder neue Freude am Lehrerberuf geschöpft. Dieser strukturierte und teils offene Unterricht ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, ihr eigenes Potenzial zu fördern und selbstständig mit Arbeitsaufträgen zu lernen. „Die Schülerinnen und Schüler freuen sich auf den COOL-Tag, und das färbt auf den anderen Unterricht ab,“ so Geyrecker. Derzeit gibt es 800 Pädagoginnen und Pädagogen an 70 zertifizierten COOL-Schulen in Österreich, die ein Netzwerk für diese neue Unterrichtsform bilden und sich austauschen.
„Durch COOL habe ich einen neuen Zugang zum Lehrerdasein bekommen.“ – Helga Geyrecker, MAS
Der Rektor der katholischen Privatuniversität Linz, Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber, sieht die Schule als Abbild der Gesellschaft und wünschte sich, die großen Fragen und Herausforderungen der Zukunft in der Bildung gut abgebildet zu wissen: „Alle 8 Milliarden Menschen auf der Welt sollen ohne Armut leben und unseren Planeten dabei nicht zugrunde richten,“ sieht er als Auftrag an die Zukunft.
„Wir müssen lernen als eine Welt, eine Zukunft zu gestalten.“ – Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber
Per Videobotschaft klinkt sich in den Abend auch ein Schulkollege ein, der in Australien ein Semester verbringt. Der österreichische Bildungsstandard genieße dort ein hohes Ansehen. Am Australischen Schulsystem gefällt ihm die Offenheit. „Da gehört auch Surfen zum Stundenplan,“ so Valentin Ennser.
Im Anschluss an die Filmpräsentation und Podiumsdiskussion wurde mit den über 250 Gästen der Veranstaltung am „Marktplatz der Bildung“ noch intensiv weiterdiskutiert und Ideen mit den Jugendlichen ausgetauscht. Unterstützt wurde die 6N1 in den letzten Monaten von Projektleiterin Prof. Mag. Nina Gaderer und Klassenvorstand Prof. Mag. Manuel Graf und dem Team der ACADEMIA SUPERIOR.
Über ACADEMIA SUPERIOR – Gesellschaft für Zukunftsforschung
Ziel der ACADEMIA SUPERIOR ist es, Zukunftschancen sichtbar zu machen, die Innovationskraft zu erhöhen sowie die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung des Wohlstands und der Demokratie in Oberösterreich und darüber hinaus zu stärken. Der Think Tank engagiert sich für eine sachliche und zukunftsorientierte Diskussion mit innovativen und globalen Blickwinkeln und bietet Freiräume zum Vor- und Querdenken. Obmann des gemeinnützen Vereins ist LH-Stv. Mag. Dr. Michael Strugl, der wissenschaftliche Leiter Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger steht dem 24-köpfigen Beirat vor.
Foto 1: Podiumsdiskussion bei den Zeitgesprächen: v.l.n.r.: Helga Geyrecker (COOL), Bernhard Reingruber (Teach for Austria), Noah Leidinger und Viola Geißelbrecht (Moderation), Pater Ferdinand Karer (Gymnasium Dachsberg), Michael Strugl (ACADEMIA SUPERIOR), Franz Gruber (KU-Linz)
Foto 2: Gruppenfoto mit Schülerinnen und Schülern der 6N1, den Podiumsgästen und am Projekt involvierten Expertinnen und Experten
Foto 3: Das Publikum konnte am „Marktplatz der Bildung“ noch mit den Experten und Schülern weiterdiskutieren
Fotos Honorarfrei © Academia Superior/Wakolbinger