
Die Europäische Union verfügt im Jahr aktuell über 40 aktive Freihandelsabkommen, die 76 Partnerstaaten umfassen und fünf Kontinente abdecken (European Commission, 2025). Die USA hingegen haben lediglich 14 Freihandelsabkommen mit 20 Ländern abgeschlossen, verteilt auf vier Kontinente (Office of the United States Trade Representative, 2025).
Die EU verfolgt damit eine breit angelegte und regelbasierte Handelspolitik, die über Marktzugang hinaus auch Nachhaltigkeit, Arbeitsrechte und regulatorische Standards umfasst. Im Gegensatz dazu konzentriert sich die US-Handelspolitik stärker auf strategisch ausgewählte bilaterale Beziehungen. Die Zahlen machen deutlich: Die Europäische Union ist weltweit führend in Reichweite und Tiefe internationaler Handelsintegration.
Österreich profitiert besonders von dieser Politik, stammen doch rund 60 % der österreichischen Wirtschaftsleistung aus dem Export.
Obwohl derzeit der Eindruck entsteht, dass Handelshemmnisse weltweit zunehmen, setzen in Wirklichkeit viele Länder auf freien Handel:
Freihandel im Trend: Sozialistisches Vietnam zählt zu den weltweit aktivsten Akteuren im Freihandel
Trotz sozialistischer Verfassung hat Vietnam bis 2024 insgesamt 17 Freihandelsabkommen abgeschlossen – mehr als die USA (14) oder Neuseeland (14). Das Land ist Mitglied in globalen und regionalen Abkommen wie der WTO, dem CPTPP und RCEP sowie bilateralen Abkommen mit der EU, Südkorea, Japan und anderen Wirtschaftspartnern.
Diese strategische Öffnung ist das Ergebnis tiefgreifender Reformen seit 1986. Die Handelspolitik Vietnams zeigt: Internationale Integration ist nicht allein eine Frage des politischen Systems, sondern wirtschaftlicher Zielsetzung. In einer Phase zunehmender protektionistischer Tendenzen setzt Vietnam ein Zeichen für multilaterale Zusammenarbeit.
Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam, in Kraft seit dem 1. August 2020, sieht einen nahezu vollständigen Zollabbau vor. Bereits mit Inkrafttreten wurden 84 % der Zölle auf vietnamesische Exporte in die EU abgeschafft. Innerhalb von sieben Jahren soll der Abbau für fast alle übrigen Produkte abgeschlossen sein.
Umgekehrt hat Vietnam 65 % der Zölle auf EU-Waren sofort aufgehoben; der vollständige Abbau erfolgt schrittweise innerhalb von zehn Jahren. Ausnahmen bestehen lediglich für wenige sensible Agrarprodukte, die weiterhin mengenmäßig begrenzt importiert werden dürfen.
Mit dem Abkommen wird über 99 % des bilateralen Warenhandels zollfrei gestellt – ein Meilenstein in der Handelspolitik der EU mit einem Schwellenland.
Quellen:
- European Commission (2025), Trade agreements, Policy Trade, online. Verfügbar unter: https://policy.trade.ec.europa.eu/eu-trade-relationships-country-and-region/negotiations-and-agreements_en (Zugriff am 4. August 2025).
- Office of the United States Trade Representative (2025), Free Trade Agreements, USTR, online. Verfügbar unter: https://ustr.gov/trade-agreements/free-trade-agreements (Zugriff am 4. August 2025).
- Statistik Austria (2024): Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 2023 – Außenhandel, [online] https://www.statistik.at/statistiken/wirtschaft/aussenhandel (Zugriff am 4. August 2025).
- Zitelmann, R.: Der Aufstieg des Drachen und des weißen Adlers – YouTube-Transkript eines Dokumentarfilms über Vietnams Wirtschaftsreformen, 2022. Transkript erstellt am 31. Juli 2025.
- Europäische Kommission (2025): EU-Vietnam-Handelsabkommen – Übersicht und Detailinformationen. Online verfügbar unter: https://policy.trade.ec.europa.eu/eu-trade-relationships-country-and-region/countries-and-regions/viet-nam/eu-viet-nam-agreements_de [Zugriff am 4. August 2025].
- Europäische Kommission (2025): Access2Markets – Vietnam. Online verfügbar unter: https://trade.ec.europa.eu/access-to-markets/de/content/eu-vietnam-free-trade-agreement [Zugriff am 4. August 2025].


