
Londons City hat den Wendepunkt erreicht: Erstmals fahren tagsüber mehr Fahrräder als Autos durch den historischen Finanzdistrikt. Bei der jüngsten Verkehrszählung im Oktober 2024 machten Fahrräder 39 Prozent aller gezählten Fahrzeuge aus – mehr als Autos, Lieferwagen, Taxis oder Busse.
Besonders deutlich zeigt sich dieser Wandel zu den Stoßzeiten zwischen 8 und 9 sowie 18 und 19 Uhr, wenn der Anteil des Radverkehrs auf bis zu 56 Prozent steigt. Es sind dann beinahe doppelt so viele Fahrräder wie Pkw und Mietautos (PHV) gleichzeitig unterwegs.
Investmentbanker in Bewegung – Brompton Bike statt Bentley Limousine
Getragen wird dieser Anstieg von einer wachsenden Zahl privater Radfahrer:innen – einem Zuwachs von 36 Prozent – und einem regelrechten Boom bei dockless Leihrädern, deren Nutzung sich seit 2022 vervierfacht hat. Insgesamt stieg der Fahrradverkehr in der City of London seit der letzten Erhebung um 57 Prozent, während der motorisierte Individualverkehr weiter zurückging. Aktive Mobilität – also Gehen, Radfahren und Roller – macht mittlerweile drei Viertel aller Fortbewegung in der City aus, in Spitzenzeiten sogar bis zu 85 Prozent. Seit 1999 hat sich der Radverkehr versechsfacht, das Aufkommen motorisierter Fahrzeuge hingegen um 70 Prozent reduziert.
Bevölkerung und Klima atmen auf – hunderttausende Tonnen Emissionen Sparpotenzial
Diese strukturelle Verschiebung reduziert nicht nur die Lärmbelastung und erhöht die Sicherheit, sondern spart auch messbar Emissionen ein: Pro ersetztem Autokilometer werden im Schnitt 200 Gramm CO₂ vermieden. Bei einer flächendeckenden Substitution könnten Städte jährlich bis zu hunderttausenden Tonnen Emissionen einsparen – und zugleich Luftschadstoffe wie Stickstoffdioxid und Feinstaub deutlich senken.
There’s no free lunch – Londons überparteiliche mutige Verkehrspolitik zahlt sich aus
Diese Transformation ist das Ergebnis langfristiger Investitionen in Infrastruktur, gezielter Regulierung und eines kulturellen Wandels hin zu klimabewusster, aktiver Mobilität – beginnend mit Boris Johnson als konservativer Bürgermeister, aktuell fortgesetzt vom Sozialdemokraten Sadiq Khan.
Wer Rad fährt, lebt klüger
Was als Beitrag zur Verkehrswende begann, hat inzwischen auch gesundheitspolitische Relevanz: Eine aktuelle Studie zeigt, dass regelmäßiges Fahrradfahren messbare positive Auswirkungen auf die Gehirngesundheit hat. Menschen, die im Alltag aktiv das Rad nutzen, haben ein um 21 Prozent geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken, und weisen signifikant bessere Strukturen in jenen Hirnarealen auf, die für Gedächtnis, Orientierung und motorische Kontrolle zuständig sind. Besonders bemerkenswert: Der Effekt war beim Fahrradfahren stärker ausgeprägt als beim Zufußgehen oder der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Die positiven Auswirkungen von Bewegung auf physische und psychische Gesundheit sind ohnedies bekannt.
Win-win-win Situation für Verkehr, Klima und Gesundheit
Die City of London steht damit nicht nur für eine erfolgreiche Verkehrswende, sondern auch für eine neue Perspektive auf Prävention: Wer radelt, fördert nicht nur das Klima, sondern auch die eigene kognitive Resilienz – ein doppelter Gewinn in einer alternden Gesellschaft.
Quellen
- City of London Corporation, 2025. City Streets 2025: Summary Report. [pdf] London: City of London Corporation. Verfügbar unter: https://www.cityoflondon.gov.uk [Abgerufen am 10 July 2025].
- Choi, S., Kim, J., Hwang, J. and Choi, S., 2023. Active Travel Mode and Incident Dementia and Brain Structure: A UK Biobank Cohort Study. Journal of Alzheimer’s Disease, [pdf] Verfügbar unter: https://doi.org/10.3233/JAD-230396 [Abgerufen am 10 Juli 2025].
- European Cyclists’ Federation, 2023. Cycling and CO₂ Emissions: Saving Carbon and Cities. [pdf] Brussels: ECF. Verfügbar unter: https://ecf.com [Abgerufen am 10 Juli 2025].
- Transport for Quality of Life (TfQL), 2021. The Carbon Case for Active Travel. [online] Verfügbar unter: https://www.transportforqualityoflife.com [Abgerufen am 10 Juli 2025].
- TNO, 2020. Effects of Cycling on Urban Air Quality in the Netherlands. The Hague: Netherlands Organisation for Applied Scientific Research.
- London Air, 2023. NO₂ trends in Central London. [online] King’s College London. Verfügbar unter: https://www.londonair.org.uk [Abgerufen am 10 Juli 2025].


