Die Zukunft der Versicherungsberatung

In vie­len Branchen beschle­u­nigt das Coro­n­avirus und die damit ein­herge­hende Quar­an­täne den Zwang dig­i­tale und neue Wege zu gehen. Der Han­del von Pro­duk­ten auf Plat­tfor­men wie Ama­zon oder Zalan­do hat Höch­st­stände. Da stellt sich die Frage, wie stark dig­i­tal­isiert ist der Bere­ich der Ver­sicherungs­ber­atung?

Jed­er von uns ken­nt noch den Besuch des Ver­sicherungsvertreters oder Ver­sicherungs­mak­lers abends, oder? Der Vater sam­melt vor­ab noch alle Dat­en, die Mut­ter bere­it­et noch Kaf­fee zu. Aber ist dieses Bild der Ver­sicherungs­ber­atung, jenes, welch­es wir im Zeital­ter von Face­book, Spo­ti­fy und Ama­zon erwarten?

Eine Sta­tista Umfrage aus dem Jahr 2017 zeigt, dass noch 42% aller abgeschlosse­nen Ver­sicherungsverträge über den bish­eri­gen Ver­sicherungs­mak­ler bzw. Ver­sicherungsvertreter durchge­führt wor­den sind (Quelle: https://drive.google.com/open?id=1LpUSJ1eRmwrp1k4dBgyIGwqDs3pQg41V). Allerd­ings fast  40% der Öster­re­ich­er informiert sich schon bere­its online vor­ab. Die Ten­denz in den let­zten Monat­en ist auf­grund der Quar­an­täne expo­nen­tiell gestiegen.

Was sind neue Trends im Bereich der Versicherungsberatung?

Blickt man ein­mal ins Nach­bar­land Deutsch­land kön­nen wir sehr schön 4 wesentliche Trends zur Infor­ma­tions­beschaf­fung und zur Ver­sicherungs­ber­atung beobachten:

  • Ver­gle­ich­san­bi­eter (tra­di­tionelle dig­i­taler Versicherungsvergleiche)
    — Gen­er­al­is­ten (bieten alle Ver­gle­iche an) – meist Direktabschluss
    — Spezial­is­ten (spezial­isieren sich auf 1 oder wenige The­men) – nachge­lagert zum Onlin­ev­er­gle­ich Beratung via Tele­fon oder Onlineberatung/Screenshare
  • Chat­bot-Beratung
  • Onlineber­atung via Screenshare/Videoberatung durch Ver­sicherungsvertreter oder Makler
  • Direk­tab­schluss online

In Öster­re­ich ist auf­grund der frag­men­tierten Mark­t­struk­tur tra­di­tionell noch der Abschluss über den Ver­sicherungsvertreter oder den Ver­sicherungs­mak­ler erkennbar. Aber auch hierzu­lande sehen wir eine kon­tinuier­liche Weit­er­en­twick­lung. So gibt es bei eini­gen Ver­sicherung­sun­ternehmen bere­its Chat­bot-Lösun­gen für die Schadensabwicklung.

Im Bere­ich der Beratung ist in Öster­re­ich ten­den­ziell noch die tra­di­tionelle Beratung im 4- Augen-Gespräch üblich. Aber Schritt für Schritt nimmt die Beratung via „Screen­share“ oder der Direk­tab­schluss zu. Das Coro­n­avirus war ein maßge­blich­er Treiber für diese Entwicklung.

Die große Unbekannte – Voice Search und der Einfluss auf die Versicherungsberatung

Laut OMR-Pod­cast (Online Mar­ket­ing Rock­starts) einem führen­den Medi­um zum The­ma Dig­i­tal­isierung und Online Mar­ket­ing arbeit­en bere­its bis zu 10.000 Mitar­beit­er bei Ama­zon an dem The­ma „Sprach­suche“. In der Ver­sicherungs­ber­atung ist das die große Unbekan­nte. Warum?

Aktuell startet die Cus­tomer Jour­ney bei einem Neukun­den sehr oft auf Google. Die ersten 10 Ergeb­nisse erhal­ten einen Großteil des Traf­fics und damit auch den ersten Kun­den­zu­gang. Aber was passiert, wenn auf ein­mal nurmehr 1 Ergeb­nisaus­ge­spielt“ wird. Oder ich bere­its eine konkrete Frage Stelle wie: „Hey Google, was ist die beste Kranken­ver­sicherung für mich?“ Und Google auf­grund mein­er Smart­watch ver­bun­den mit dem Handy bere­its meine Gesund­heits­dat­en ken­nt und somit den besten Tarif sucht?

Wird dann Google auf ein­mal zum Berater in Ver­sicherungsan­gele­gen­heit­en? Solche oder ähn­liche Verän­derun­gen wer­den kom­men. Die Frage ist wann und wie man dafür als Unternehmen aufgestellt ist. Aktuell nutzen bere­its 450.000 Öster­re­ich­er einen inter­net­basierten Sprachas­sis­ten­ten. (Quelle: https://www.handelsverband.at/publikationen/studien/ecommerce-studie-oesterreich-2019/).

Ob allerd­ings dieses eine Ergeb­nis von Google, ein­er unab­hängi­gen Ver­sicherungs­ber­atung gle­ichkommt, darf man wohl anzweifeln. Auch Daten­schutzrechtlich gibt es hier noch einige offene Fra­gen. Die Frage ist: „Soll ich mor­gen meinen ersten Alexa oder Google Home Skill pro­gram­mieren lassen?“ Man wird sehen, wie sich dieser Trend in den näch­sten Jahren entwickelt.

Was fordert der Kunde im 21. Jahrhundert von der Versicherungsberatung?

Transparenz und Information

Wie man schon in vie­len anderen Branchen gese­hen hat, ab ein­er gewis­sen Anzahl an Anbi­etern, kann der Kunde nurmehr in Ver­gle­ich­sta­bellen oder über Algo­rith­men das beste Preis/Leistungsverhältnis erhal­ten. Die kog­ni­tive Ver­ar­beitung von mehreren hun­dert Tar­ifen ist schwierig und erfordert hohe Spezial­wis­sen, welch­es der Kunde zumeist nicht hat.

Deshalb ist die trans­par­ente Darstel­lung der Dat­en und Fak­ten entschei­dend. Allerd­ings auch wenn man den besten Algo­rith­mus der Welt hat, muss man let­z­tendlich auch in die Sicht­barkeit kom­men. Google und Face­book sind mit­tler­weile sehr oft Ein­tritts­bar­ri­eren in diese Sicht­barkeit und mon­e­tarisieren den Kundenzugang.

Tra­di­tionell sind Ver­sicherung­spro­duk­te stark nachge­fragt auf Such­maschi­nen. Aber auch dort herrscht ein stark­er Wet­tbe­werb und ohne Sicht­barkeit, kann auch die beste Analyse nur wenig ausrichten.

Schnelle Prozesse in der Abwicklung

Aktuell gibt es in Öster­re­ich noch immer Ver­sicherung­sun­ternehmen, welche 3–4 Wochen bis zur Erstel­lung der Polizze benöti­gen. Kun­den im 21. Jahrhun­dert sind allerd­ings Echtzeit­in­for­ma­tio­nen gewöh­nt und möcht­en sofort ein Ergeb­nis erhal­ten. Wir wer­den trainiert von der „User Expe­ri­ence“ von Net­flix, Ama­zon oder Uber. Hier ist noch eine große Baustelle vorhan­den, da viele Ver­sicherung­sun­ternehmen auf ver­al­teter IT-Infra­struk­tur sitzen. Investi­tio­nen wer­den notwendig sein.

Fazit

Aktuell ist Öster­re­ich noch in ein­er sehr tra­di­tionellen Ver­sicherungs­ber­atung aufgestellt. Allerd­ings sehen wir mit ersten Ver­gle­ich­srech­n­ern bzw. Chat­bot-Neuerun­gen, welche das Kun­den­ver­hal­ten maßge­blich verän­dern wer­den. Ger­ade in Zeit­en von Coro­na ist die Beratung via Video oder Screen­share der klare Gewin­ner. Man wird sehen, welch­es Konzept sich in Zukun­ft durch­set­zen wird.

Zum Autor:
Sebas­t­ian Arthofer, MSc BSc ist studiert­er Betrieb­swirt und Co-Grün­der des unab­hängi­gen Infor­ma­tions- und Vor­sorge­por­tals krankenversichern.at. Ziel des Por­tals ist unab­hängig, ein­fach und ver­ständlich über das The­ma der pri­vat­en Kranken­ver­sicherung in Öster­re­ich aufzuklären.

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