ACADEMIA SUPERIOR lud Lord Brian Griffiths, ehemaliger Leiter der Public Policy Unit von Margaret Thatcher und späterer Vize-Chairman bei Goldman Sachs International, zum Afternoon Tea nach Wien. Eine hochkarätige Runde aus Wirtschaft und Wissenschaft – darunter Philipp Ther, Kurt Kotrschal und Jürgen Wallner als Beiräte der ACADEMIA SUPERIOR – diskutierte mit Lord Griffiths über die Dimensionen von Inflation, die Risiken hoher Staatsschulden und Wege zu mehr Produktivität und Innovation in Europa.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Academia Superior Geschäftsführer Clemens Zierler stand die Frage im Zentrum, wie Wirtschaftspolitik Stabilität, Vertrauen und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern kann, trotz hoher Preisniveaus, gestiegener Zinsen und geopolitischer Unsicherheit. Inflation wurde nicht nur als ökonomische Kennzahl, sondern als gesellschaftliches Problem beschrieben: Sie wirkt besonders auf Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen, erschwert Planbarkeit und Vertrauen und greift damit das soziale Gefüge an. Aus dieser Perspektive ist Preisstabilität immer auch Sozialpolitik.
Eng verknüpft damit sind die Staatsschulden. Griffiths betonte die Zins-Sensitivität öffentlicher Haushalte: Was in einer Welt nahe Nullzinsen tragbar schien, wird im aktuellen Umfeld schnell zur Belastung für Budgets und zukünftige Generationen. Als Daumenregel gilt: Je höher das Verhältnis von Staatsschuld zu Wirtschaftsleistung und je kürzer die durchschnittliche Laufzeit der Verbindlichkeiten, desto anfälliger wird ein Land für Zins- und Wachstumsschocks. Gleichzeitig nimmt der finanzpolitische Spielraum sichtbar ab, dennoch sind weiterhin Investitionen beispielsweise in Sicherheit, Resilienz und Klimatransformation nötig.
Für Europa identifizierte Griffiths zwei strukturelle Baustellen: Erstens die Kombination aus demografischem Wandel und einem großzügigen, aber reformbedürftigen Wohlfahrtsstaat; zweitens eine zu niedrige Produktivität und vor allem Trendproduktivität im internationalen Vergleich. Trendproduktivität bezieht sich auf das langfristige, strukturelle Wachstum der Produktivität, das durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie technologischem Fortschritt, Kapitalbildung und Effizienzsteigerungen bestimmt wird. Aktuell liegt der Produktivitätsindex für Österreich bei 106,3 Punkten, währenddessen die USA mit 116,1 Punkten besser abschneiden, hingegen das Vereinigte Königreich (99 Punkte) und Deutschland (96,3 Punkte) deutlich hinter Österreich liegen.
Der Gegenentwurf lautet: mehr Produktivität durch Innovation, bessere Rahmenbedingungen für Investitionen und eine leistungsfähige, unbürokratische Verwaltung, die Umsetzung priorisiert.Mehrfach kam die Diskussion auf die Balance zwischen kurzfristiger Krisenpolitik und langfristiger Zukunftsfähigkeit. Verteidigungsausgaben, Energie- und Industriepolitik, Digitalisierung des öffentlichen Sektors und Bildungsreformen konkurrieren um knappe Mittel. Griffiths’ Kernanliegen: Prioritäten klar benennen, Wirkungen messen und konsequent evaluieren. Wirtschaftspolitik gewinnt Vertrauen, wenn sie erklärt, was sie tut, warum sie es tut – und wann sie Kurskorrekturen vornimmt.Ein weiterer Punkt betraf die politische Kultur. Fragmentierung und Polarisierung erschweren verlässliche Mehrheiten für Reformen. Hier braucht es eine Sprache der Verantwortung: ehrliche Kommunikation über Zielkonflikte, Schutz der Schwächeren in Übergangsphasen und ein klares Bekenntnis zu Rechtsstaat, Marktwirtschaft und gesellschaftlicher Fairness.
Zentrale Erkenntnisse
- Inflation ist nicht nur ein monetäres, sondern ein soziales Problem, da sie die Mitte der Gesellschaft und untere Einkommen am stärksten trifft.
- Hohe Schuldenquoten werden im Zinsanstieg schnell zum Risiko; entsprechende Laufzeiten und glaubwürdige Konsolidierung schaffen Spielraum für Zukunftsinvestitionen.
- Europas Doppelherausforderung lautet Demografie plus Produktivität: Reformen in Bildung, Verwaltung, Innovations- und Standortpolitik sind entscheidend.
- Gute Politik misst, evaluiert und erklärt – und hält Kurs, ohne Lernfähigkeit zu verlieren.
- Vertrauen entsteht aus Integrität, Kompetenz und verlässlichen Institutionen – in Regierung, Parlament und Verwaltung.
Fazit
Der Diskurs machte deutlich: Preisstabilität, solide Finanzen und produktivitätsorientierte Reformen sind keine technokratischen Themen, sondern Fundament für sozialen Zusammenhalt. ACADEMIA SUPERIOR setzt die Debatte fort – mit dem Anspruch, differenziert zu analysieren, Zielkonflikte offen zu benennen und praktikable Wege für ein widerstandsfähiges Europa aufzuzeigen.





