„Die Politiker merken heute gar nicht mehr, dass das, was sie tun, nicht mehr wahrgenommen wird”, kommt die ehemalige Nationalrätin gleich zur Sache. Das Gespräch wird unterbrochen durch ein Telefonat, das sie unbedingt mit einem Landesrat führen musste, „weil in unserem Ort Ende des Monats der Kindergarten zugesperrt wird und das bis jetzt niemand kommuniziert hat”. Geschockte Eltern wenden sich an sie, damit sie bei den Zuständigen, die sie alle kennt, ihre Anliegen vorbringt. Langthaler arbeitet nicht nur mit 16 Kolleginnen und Kollegen in der Agentur, sondern betreibt mit ihrem Mann einen Kulturbetrieb, „der jeden Sommer etwa 30.000 Besucher zu uns ins Weinviertel auf unser Gut lockt.” Hier hört und spürt sie , „was die Menschen wirklich bewegt.”
Gibt es noch Zivilcourage im Land?
Nach dem Telefonat ist sie sichtlich enttäuscht, dass es auch in diesem Fall wieder einmal nur um Wählerstimmen geht. „Der dauernde Gedanke an die nächste Wahl verhindert enorm viel”, ist Langthaler überzeugt. Mit einem Blick auf die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge vermisst Langthaler heute Zivilcourage: „Es gibt keine Zivilcourage in diesem Lande. Nur keine Probleme ist die Devise.” Sie spielt damit auf den aktuellen Fall des Ex-Offiziers Golovatov an, der zwischen Österreich und Litauen diplomatische Verstimmungen auslöste. Sie ist überzeugt: „Man braucht sich nichts gefallen lassen und es braucht Menschen, die aufstehen und für ihre Sache eintreten — sonst geht nichts weiter.”
Energie ist unser Thema
„Wir arbeiten schon seit Jahren am Thema Nachhaltigkeit und erneuerbarer Energie und sehen, dass das Thema eine hohe Akzeptanz und Plausibilität bekommen hat”, beantwortet Langthaler die Frage nach ihren Themen und Arbeitsschwerpunkten. Drei Viertel unserer Aufträge kommen von Firmen und ein Viertel von der öffentlichen Hand wie Ministerien. Im Auftrag von Minister Mitterlehner und Berlakovic hat Brainbows das Konzept „Energiestrategie Österreich” erarbeitet. „Die Vorarlberger haben hier am intensivsten weitergearbeitet und ihr strategisches Energiekonzept gefunden”, weiß Langthaler und ermutigt Oberösterreich, „dort einmal genauer hinzuschauen”. Hier wurden schon Faktoren wir Siedlungsstruktur, Versorgungssicherheit, Industrieanforderungen und lokale Energiegewinnung auf lange Sicht berücksichtigt.
Kinder stellen die wichtigen Fragen
Wir fragen: „Was hat sie überrascht?” In ihren Projekten mit den oft international tätigen Konzernen überrascht Langthaler, „dass bei den Vorständen mittlerweile die Verantwortung für die nächste Generation angekommen ist und genau das den Vorständen in persönlichen Gesprächen wichtig geworden ist.” Langthaler sieht aber, „dass die Entscheidungsträger nach außen aber die Coolen und harten Bussiness-Manager spielen, weil sie glauben, es sein zu müssen.” Langthaler ist überzeugt: „Die Menschen sind schon viel weiter als die heutigen Entscheidungsträger.” Sie erzählt, dass die Kinder der Entscheidungsträger im privaten Bereich die entscheidenden Fragen nach der Zukunft stellen und so ihre Väter (es sind meist Väter) „antreiben, sich der Herausforderung zur Nachhaltigkeit stellen.” Langthaler sieht zwei Chancen: „Im privaten Gespräch äußern Verantwortungsträger ihre Erfahrung, dass sich das alles nicht ausgeht und ihre eigenen Kinder weisen sie ebenfalls auf die entscheidenden Fragen hin.” Da liegt für sie Veränderungspotential.
Weniger Eitelkeit
„Gibt es aus ihrer Sicht konkrete Handlungsanleitungen an die Politik?”, fragen wir Langthaler mit Blick auf die zugrundeliegende „mission” von ACADEMIA SUPERIOR. Langthaler wünscht sich weniger Eitelkeit in der Politik: „Es ist unglaublich, wie wichtig es Politikern ist, sich selbst auf Fotos zu sehen.” Außerdem ist Langthaler überzeugt, dass die Menschen bereit wären, mitzugehen, „wenn eine Sache oder ein Projekt konsequent und redlich von Anfang bis zum Schluss verfolgt wird und nicht populistisch immer nur Teile angekündigt werden.” Langthaler blickt zurück auf ihre Zeit im Parlament und kann sich noch gut erinnern, „dass zum Beispiel Vranitzky in Ruhe Bücher gelesen und Zeit zum Nachdenken genommen hat.” Sie sieht heute auf den höchsten Ebenen ein großes Maß an „Inkompetenz und Enge”, die mit großen Werbeinseraten zugedeckt wird: „Die Offenlegung der bezahlten PR-Schaltungen halte ich deshalb für eine der wichtigsten Gesetze der letzten Jahre.”
Erster Think Tank in Österreich
„Mich hat die Idee interessiert, einen regierungs- und parteiunabhängigen Think Tank in Österreich zu etablieren”, so Langthaler auf die Frage, warum sie beim AS Beirat mitmacht. Sie verweist dabei auf ihre Erfahrungen in London und in den USA, wo es so etwas schon lange gibt. Sie wünscht sich, „dass offenes Denken von kritischen Geistern zugelassen wird, was in den Parteiakademien in der Form nicht möglich ist”. Langthaler sieht in vielen Firmen auf der zweiten und dritten Ebene wunderbare Leute und spannende Ideen, „die es aber durch die gläserne Decke des Establishments nicht schaffen, „oben mitzumischen”. Parteien und Seilschaften verhindern diese hervorragenden Leute. Auch die Medien spielen hier ihre Rolle und helfen mit, diese gläserne Decke zu stabilisieren, indem sie sich auf immer weniger Personen in der Berichterstattung konzentrieren. Außerdem gibt es heute, 2011, wieder mehr Bereiche, „wo sich Menschen aus Angst vor den Konsequenzen nichts mehr sagen trauen”. Deshalb plädiert Langthaler dafür, „dass es Plattformen gibt, wo angstfrei und kreativ gedacht und ausgetauscht wird.”