Ein farbgeleitetes Gesundheitssystem: Farben erfüllen im AKH Wien eine wichtige Funktion. Bunte Schilder weisen den Weg: rotes und grünes Bettenhaus, dazwischen ein Pfeil zur Kinderuni. „Blauer Lift, 7. Stock”, meint der Portier kurz, als ich ihn nach dem Weg zur Dermatologie frage. Dort wiederum taucht man ganz in ein kräftiges Orange ein, eine Farbe, die bekanntlich als gesundheitsfördernd und aktivierend gilt. Ob dies mein Erstbesuch ist, will die zuvorkommende Dame in der Aufnahme wissen, die nach verweigerter E‑Card auf eine große Doppeltür deutet. Vorbei an wartenden Patientinnen und Patienten öffnet sich dahinter eine neue Welt: Porträts und Büsten bedeutender Ärzte entlang der Wände, hinter denen sich die Dienstkämmerchen der Ärztinnen und Ärzte befinden.
Auf meine Frage, ob ich ihm nun die Mittagspause klaue, lächelt Professor Pehamberger sanft und meint: „Mittagspause? So etwas gibt es hier nicht.” Nicht politische Gründe haben den Dermatologen dazu bewogen, im Beirat von ACADEMIA SUPERIOR mitzumachen sondern die Einladung durch seinen geschätzten Kollegen Markus Hengstschläger.
Große Erfolge bei der Hauttumortherapie
„Unser Hauttumorzentrum ist gleichermaßen ein Gütesiegel, wo evidence based medicine und Interdisziplinarität gewährleistet sind”, berichtet der Hauttumorspezialist von seiner international zertifizierten Einrichtung. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wird an seiner Klinik an verschiedensten Dingen geforscht, wie etwa molekulargenetische Fragestellungen, die Wirkung von ultraviolettem Licht und klinische Grundlagenforschung.
Eine überraschende und erfreuliche Entwicklung der letzten Jahre ist eine Studie an der Pehamberger beteiligt ist, die unlängst prominent präsentiert und publiziert wurde. „Es geht dabei um neue Therapieformen an metastierenden Melanomen, die erstmals Überleben gezeigt haben” freut sich der Onkologe über die Erfolge.
Die Entwicklung in der Medizin allgemein und in seinem Fachbereich gehen in Richtung targetet therapy, also individualisierte Medizin. Da man herausgefunden hat, dass Strukturen an Zellen gezielt Therapien beeinflussen, wird nun vorher jeder Tumor genetisch untersucht um zielgerichtete Therapien zu ermöglichen. „Da hat es in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung gegeben.”
Die Haut als Musterbeispiel für Prävention
Beim interessierten Durchblättern des SURPRISE FACTORS SYMPOSIUM REPORT 2011 fragt Pehamberger in aller Bescheidenheit, was er als Beiratsmitglied einbringen kann und bleibt gleich beim Thema Gesundheitsprävention hängen: „Wissen Sie, die Haut ist ein Musterbeispiel für primäre und sekundäre Prävention.” Unter der primären Prävention versteht man die Vermeidung, unter der sekundären Prävention die Früherkennung. Vermeiden kann man Hautkrebs, indem man zum Beispiel vernünftig mit der Sonne umgeht. Anders als bei Lungen- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs ist die sekundäre Prävention bei der Haut einfacher, „die Haut hat man ja direkt vor seinen Augen”.
Dass sich Menschen nicht nach ihrem Wissen verhalten, ist natürlich auch in seinem Fachbereich ein Problem. Dabei ließe sich ein Melanom im Frühstadium vergleichsweise einfach behandeln, indem man es entfernt. „Die Ignoranz gegenüber Symptomen ist bei den Männern viel größer als bei Frauen, das ist ja mittlerweile erwiesen.”
Informationskampagnen für Prävention
Prävention geht, nach Meinung des Primars, ausschließlich über Information: „Informationskampagnen, Aufklärung!” „Die gesetzlichen Begebenheiten spielen natürlich auch hinein”, meint Pehamberger mit Hinweis auf Massenscreenings. Bringt das was? „Das ist eine Berechnung, die man Gesundheitsökonomen überlässt. Die fragen, Was kostet das? Und wie viel an zusätzlichen Lebensjahren bringt es? Das ist eine knallharte Kalkulation und dann eine politische Entscheidung.”
Bildung und Ausbildung als wichtigstes Gut
„Das Entscheidende ist die Bildung und Ausbildung junger Leute” reflektiert Pehamberger über die Aussagen Zeilingers, „da treffen wir uns.” „Die österreichische Schule ist eine Katastrophe”, meint der Vater eines Teenagers, der seinen Sohn für ein Jahr an eine High School in den USA schicken wird, „für die Sprache und das Auftreten, da sind die Amerikaner einfach viel besser” weiß er aus zahlreichen internationalen Konferenzen.
Ohne pauschalisieren zu wollen, spielt er auf das Unverständnis mancher Unterrichtenden an und ärgert sich über die vorherrschende Ignoranz. Auch das schlechte Image der Lehrer ist ein Problem. „Das Schulsystem ist überaltert und renovierungsbedürftig.”
„Solange sich in Österreich nicht das Denken durchgesetzt hat, dass die Lehrer für die Schüler da sind, wird sich da nichts ändern. Das gilt genau im gleichen Maß für die Medizin. Ärzte sind für Patienten da und nicht umgekehrt.”