Der Wettbewerb in Life-Sciences nimmt Fahrt auf

Die Pan­demie hat den Life-Sci­ences-Bere­ich promi­nent ins Schein­wer­fer­licht gerückt und darin wird deut­lich, was in Europa unbe­d­ingt notwendig ist, um die Ver­sorgung der Bevölkerung mit den besten Medika­menten zu gewährleis­ten: Investi­tio­nen und Produktionsstätten.

Viele Innovationen aus Europa

Europa ver­fügt über großar­tige Ressourcen im Life-Sci­ences-Bere­ich: Es gibt her­vor­ra­gende Wis­senschaf­terin­nen und Wis­senschafter, die Forschung auf inter­na­tionalem Niveau betreiben. Auch Öster­re­ich als kleines Land bringt immer wieder starke Inno­va­tio­nen im Gesund­heits­bere­ich her­vor, die weltweit Nutzen stiften. So haben beispiel­sweise Forscherin­nen und Forsch­er in den Max Perutz Labs am Vien­na Bio­cen­ter in Wien die Basis für die Anwen­dung der Gen­schere CRISPR/Cas9 geschaf­fen. Die Branche stellt zudem einen bedeu­ten­den Wirtschafts­fak­tor dar – und das nicht erst seit Covid-19. Mehr als 900 Fir­men sind in Öster­re­ich im Life-Sci­ences-Bere­ich tätig. 2017 macht­en sie gemein­sam einen Umsatz von 22,4 Mil­liar­den Euro und investierten mehr als eine Mil­liarde Euro in Forschung. Damit geht rund ein Fün­f­tel aller betrieblichen Forschungsaus­gaben in Öster­re­ich auf das Kon­to von Life-Sci­ences-Unternehmen. Ihre Rolle als Arbeit­ge­ber ist eben­falls nicht zu unter­schätzen, da sie dank ihrer Krisen­re­sistenz in Summe mehr als 55.000 Beschäftigten einen sicheren Arbeit­splatz bieten.

Ein weit­er­er Wet­tbe­werb­svorteil, den Europa im Ver­gle­ich zu den USA und Chi­na genießt, ist die Ver­füg­barkeit qual­i­ta­tiv hochw­er­tiger Gesund­heits­dat­en sowie ein ver­ant­wor­tungsvoller Umgang mit diesen. Das stellt eine uner­lässliche Voraus­set­zung für sichere und nach­haltige Inno­va­tio­nen im Gesund­heits­bere­ich dar und bildet einen unschlag­baren Vorteil im inter­na­tionalen Wettbewerb.

Zu wenig Risikokapital behindert Markteintritt

Allerd­ings sind die USA und Chi­na dabei, Europa und damit auch Öster­re­ich im Life-Sci­ences-Bere­ich an den Rand zu drän­gen. Dafür sind haupt­säch­lich zwei Gründe auss­chlaggebend: Kap­i­tal und Pro­duk­tion­s­möglichkeit­en. Weit­ers prof­i­tieren die USA vom Zugang zur Nas­daq, die Börsen­gänge inno­v­a­tiv­er Life-Sci­ences-Unternehmen erle­ichtert. Laut dem deutschen Biotech­nolo­giere­port 2020 der Berater­fir­ma EY stand in den USA im Jahr 2019 für Biotech-Unternehmen Risikokap­i­tal von in Summe fast 15 Mil­liar­den US-Dol­lar zur Ver­fü­gung. Zum Ver­gle­ich: In Europa knack­te das Risikokap­i­tal 2019 erst­mals die 3‑Mil­liar­den-Euro-Marke. Anhand dieser Zahlen wird deut­lich, welchen Nachteil Europa in der Finanzierung inno­v­a­tiv­er Gesund­heit­sen­twick­lun­gen hat. Auch Chi­na holt hier weit­er auf. Die starke regionale Diskrepanz bei der Wach­s­tums­fi­nanzierung ist ein­er­seits kul­tureller Natur: So sind Kap­i­tal­ge­berin­nen und Kap­i­tal­ge­ber aus den USA und Chi­na auf der einen und Europa auf der anderen Seite doch mit ein­er sehr unter­schiedlichen Risikoaffinität behaftet. Darüber hin­aus müssen Europa und ins­beson­dere Öster­re­ich Anreize für Investorin­nen und Inve­storen schaf­fen und die rechtlichen Rah­menbe­din­gun­gen für Risiko­fi­nanzierung attrak­tiv­er gestalten.

Europa braucht eigene Produktion für Medikamente

Abge­se­hen von der Finanzierung hat Europa auch in der Pro­duk­tion inno­v­a­tiv­er Medika­mente und ander­er Gesund­heit­spro­duk­te in den ver­gan­genen Jahren inter­na­tion­al an Boden ver­loren. Während spez­i­fis­ches Know-how weit­er­hin in Europa ange­siedelt ist, ist die Pro­duk­tion abge­wan­dert. Für die Ver­sorgung der Bevölkerung mit Medika­menten ist es essen­ziell, die Pro­duk­tion wieder nach Europa zu holen beziehungsweise vorhan­dene Stan­dorte zu stärken. Gle­ichzeit­ig benöti­gen wir entsprechend qual­i­fiziertes Per­son­al, das die Prozesse auf dem neuesten Stand der Wis­senschaft bedi­enen kann. Diese bei­den Kri­te­rien sich­ern uns einen raschen Zugriff auf Inno­va­tio­nen. Deshalb hat Sanofi seine Wirk­stoff­pro­duk­tion in Europa gebün­delt und darüber hin­aus gemein­sam mit der Poli­tik in eine große Abfül­lan­lage für den Covid-19-Impf­stoff in Frank­furt investiert. Es braucht weit­ere solche Beken­nt­nisse zum Stan­dort und gemein­same Invest­ments von Poli­tik und Wirtschaft. In diesem Zusam­men­hang wäre auch ein Beken­nt­nis zur europäis­chen Pro­duk­tion von Medika­menten in öffentlichen Auss­chrei­bun­gen denkbar, etwa durch Anwen­dung des Best- anstatt des Bil­ligst­bi­eter­prinzips bei Medika­menten aus europäis­ch­er Produktion.

  1. https://www.viennabiocenter.org/research/key-discoveries/crisprcas9/
  2. Aws Life Sci­ence Report, 2018, online unter: https://www.lifescienceaustria.at/fileadmin/user_upload/LifeScienceReport_Austria_2018_web.pdf
  3. https://investinaustria.at/de/blog/2020/08/oesterreich-als-vorreiter-in-den-life-sciences.php
  4. https://www.bmbwf.gv.at/Themen/Forschung/Forschung-in-Österreich.html

Infos zum Autor:

Mag. Bet­ti­na Resl ver­ant­wortet als Coun­try Pub­lic Affairs & Patient Advo­ca­cy Head bei Sanofi Öster­re­ich seit drei Jahren die Kom­mu­nika­tion mit gesund­heit­spoli­tis­chen Insti­tu­tio­nen und Inter­essensvertre­tun­gen sowie mit Patien­ten­vertre­tun­gen und wis­senschaftlichen Ein­rich­tun­gen in Öster­re­ich. Seit April 2020 ste­ht die Poli­tolo­gin und Pub­lic Health Exper­tin auch an der Spitze der Abteilung Com­mu­ni­ca­tion und zeich­net zusät­zlich für die interne wie externe Kom­mu­nika­tion mit diversen Stake­hold­ern des öster­re­ichis­chen Gesund­heitswe­sens verantwortlich.