Die richtigen Fragen zur richtigen Zeit: Wie geht Zukunft?

    Was bringt das Morgen?
    Philosoph Richard David Precht beim ACADEMIA SUPERIOR DIALOG zu Fra­gen an die Zukunft
    Die richti­gen Fra­gen zur richti­gen Zeit: Wie geht Zukunft? 

    Mit einem ganz beson­deren Gast meldet sich die ACADEMIA SUPERIOR – Gesellschaft für Zukun­fts­forschung aus der pan­demiebe­d­ingten Süd­flügel-Dialog­pause zurück: LH-Stv. Mag. Chris­tine Haber­lan­der, Obfrau von ACADEMIA SUPERIOR, kon­nte den bekan­nten deutschen Philosophen Richard David Precht für einen DIALOG mit Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger gewinnen.

    Das The­ma des Dialogs, der am Mon­tag im Linz­er Schloss stat­tfand, war „Fra­gen an die Zukun­ft“. Und so drehte sich das Gespräch der bei­den Zukun­fts­denker Precht und Hengstschläger um jene The­men und Fra­gen, die beson­ders gestal­tend auf die Zukun­ft wirken: Bil­dung, die dig­i­tale Trans­for­ma­tion, die Arbeitswelt der Zukun­ft, das Grun­deinkom­men und den Klimawandel.

    Fra­gen an die Zukunft

    „Nach ein­er schw­eren Zeit erleben wir jet­zt endlich eine neue Phase: Eine Zeit der Zuver­sicht. Zuver­sicht bedeutet auch, mutig in die Zukun­ft zu denken. Und genau das ist das The­ma des heuti­gen Abends: Die Fra­gen, die wir stellen müssen, um für diese Zukun­ft gerüstet zu sein“, brachte es Chris­tine Haber­lan­der, Obfrau der ACADEMIA SUPERIOR, bei ihrer Begrüßung auf den Punkt. Den Abend stellte sie gle­ichzeit­ig als Auf­tak­tver­anstal­tung für einen Zukun­ft­sprozess vor, wo unter www.fragen-an-die-zukunft.at die drän­gend­sten und wesentlichen Zukun­fts­fra­gen for­muliert, the­ma­tisiert und debat­tiert werden.

    Auch Lan­deshaupt­mann Mag. Thomas Stelz­er zeigte sich zuver­sichtlich: „Oberöster­re­ich ist ein vielfältiges Land. Ein Wirtschafts- und Indus­tri­e­s­tandort, genau­so wie ein Sozial- und Kul­tur­land und ein Land der Bil­dung und der Ehre­namtlichen. Genau­so vielfältig und gesamtheitlich wollen wir die Zukun­ft unseres Lan­des anle­gen. Und das fordert uns natür­lich immer dazu auf, neue Fra­gen an die Zukun­ft zu stellen“.

    Bil­dung grundle­gend neu denken

    Eine Steil­vor­lage dafür legte Precht gle­ich bei der ersten Frage nach der Zukun­ft unseres Bil­dungssys­tems hin. Er sieht die grundle­gende Struk­tur des Bil­dungssys­tems immer noch im 19. Jahrhun­dert ver­haftet. Sei­ther seien „nur Schön­heit­sko­r­rek­turen, keine grundle­gende Reform des Sys­tems“ passiert, ist der Philosoph überzeugt, und weit­er: „Die Schule, die unsere Kinder auf das 21. Jahrhun­dert vor­bere­it­et, muss zu einem span­nen­den Ort wer­den“. In dem Mod­ell sein­er ide­alen Schule wären 50 Prozent der Lehrkräfte Men­schen aus der Prax­is: „Wenn ein Elek­trik­er für sein Feld bren­nt, dann kann er das auch Kindern ver­mit­teln. Wir brauchen solche Leute, die Lei­den­schaft weck­en kön­nen,“ meinte Precht und fügte hinzu: „Auch Unternehmergeist lernt man bess­er nicht aus Lehrbüch­ern, son­dern von Unternehmern“.

    Dig­i­tale Trans­for­ma­tion befördert Empathieberufe

    „Eine der wirk­mächtig­sten Verän­derun­gen der Gegen­wart und Zukun­ft ist die dig­i­tale Trans­for­ma­tion, die durch die let­zten Monate einen weit­eren Boost erlebt hat“, analysiert Markus Hengstschläger zum Ein­stieg in ein weit­eres Zukun­ft­s­the­ma. Der Vor­denker Precht ist sich sich­er, dass das auch den Arbeits­markt der Zukun­ft nach­haltig verän­dert. Denn durch bessere Pro­gramme und Algo­rith­men wer­den in den näch­sten Jahren viele Rou­tineauf­gaben von Maschi­nen über­nom­men wer­den. Über­raschend verortet er den größten Wach­s­tums­markt der Zukun­ft jedoch nicht nur in den MINT-Fäch­ern und Dig­i­tal­berufen – auch da werde man viele Hochqual­i­fizierte brauchen –, son­dern bei den „Empathieberufen“. Damit meint er etwa die Pflege und Betreu­ung und Bere­iche, wo Men­schen andere Men­schen unter­stützen: „vom Tal­en­tescout bis zum Beau­ty- und Health­coach. Also alles, wo man sich gut in andere Men­schen ein­fühlen kön­nen muss“, prog­nos­tiziert Precht.

    Weniger Steuern auf Arbeit und ein Argu­ment für ein bedin­gungslos­es Grundeinkommen

    Precht, der aktuell ein Buch zur Zukun­ft der Arbeit schreibt, sieht mit­tel­fristig einen schwinden­den Bedarf an men­schlich­er Arbeit­skraft, wie bere­its bei früheren „Wirtschafts-Rev­o­lu­tio­nen“. Trotz­dem werde derzeit allerorts gefordert, das Pen­sion­santrittsalter weit­er zu erhöhen, was er auf die mit­tler­weile über­holte Finanzierung unser­er Pen­sions- und Sozial­sys­tem zurück­führt: „Der grundle­gende Fehler ist, dass unser gesamtes Sys­tem primär durch die Besteuerung von Arbeit finanziert wird“, betonte Precht, „das war ein­mal eine gute Idee.“ In ein­er Welt, in der die Arbeit weniger wird, bräuchte der Staat jedoch andere Finanzierungswege – auch um den Fak­tor Arbeit zu ent­las­ten und ihn damit wieder attrak­tiv­er zu machen.

    Precht schlägt stattdessen die Besteuerung von Finanz­transak­tio­nen vor. „Selb­st geringe Steuer­sätze von 0,3 Prozent brin­gen in diesem Bere­ich enorm viel Geld“, rech­nete Precht vor und legte dar, dass sich Erb­schafts- und Ver­mö­genss­teuern wesentlich weniger wirk­sam seine. Einen weit­eren Vorteil sieht der Philosoph darin, dass durch den Weg­fall der Besteuerung von Arbeit die Nei­d­de­bat­te in Bezug auf ein bedin­gungslos­es Grun­deinkom­men weg­fall­en würde. „Wenn meine Arbeit nicht das Einkom­men von jemand anderes finanziert, der vielle­icht nichts macht, dann gibt es keinen Grund, dage­gen zu sein“, argu­men­tierte Precht und prog­nos­tizierte, dass das Grun­deinkom­men durch die tech­nol­o­gisch-wirtschaftliche Entwick­lung bald notwendig sein werde. In ein­er gerin­geren Besteuerung von Arbeit sieht Precht auch Arbeit­san­reize, denn: „Wir wer­den eine Gesellschaft, deren Mit­telpunkt nicht mehr die Arbeit, son­dern der Sinn ist“, zeigte sich Precht überzeugt.

    Die zahlre­ich erschiene­nen Gäste des Abends zeigten sich von der pos­i­tiv­en Botschaft des Gesprächs der zwei Zukun­fts­denker Precht und Hengstschläger auf jeden Fall begeis­tert. Die Ver­anstal­tung wurde unter­stützt von der HYPO OÖ, am Abend vertreten durch Gen­eraldirek­tor Mag. Klaus Kumpfmüller und Vor­stands­di­rek­tor Mag. Thomas Wolfsgruber.

    Die Ver­anstal­ter kon­nten sich über die Teil­nahme zahlre­ich­er Pro­fes­sorin­nen und Pro­fes­soren der oberöster­re­ichis­chen Hochschulen und Fach­hochschulen und viel­er ander­er renom­miert­er Gäste freuen u.a.: Rek­tor Franz Keplinger (Pri­vate Päd­a­gogis­che Hochschule der Diözese Linz), Präsi­dent Wal­ter Aichinger (Rotes Kreuzes OÖ), Gen­eral­ma­jor Franz Gegen­leit­ner (LPDOÖ), Bischofsvikar Johann Hin­ter­maier, Johannes Hödl­may­er (Hödl­may­er Inter­na­tion­al), Klaus Hra­by (efko), Direk­tor Franz Kehrer (Car­i­tas Linz), Robert Machtlinger (FACC), Oliv­er Ren­del (die elis­a­bethi­nen linz-wien), Alexan­der Susanek (BMW Steyr), Gertrude Schatz­dor­fer-Wölfel (Schatz­dor­fer Geräte­bau), LADir. Erich Wat­zl (Land OÖ), Präsi­dentin Bet­ti­na Rausch (Poli­tis­che Akademie) und Peter Mit­ter­bauer (Vor­standsvor­sitzen­der Miba).

    Über ACADEMIA SUPERIOR – Gesellschaft für Zukunftsforschung

    Ziel der ACADEMIA SUPERIOR ist es, Zukun­ftschan­cen sicht­bar zu machen, die Inno­va­tion­skraft zu erhöhen sowie die Wet­tbe­werb­s­fähigkeit und die Sicherung des Wohl­stands und der Demokratie in Oberöster­re­ich und darüber hin­aus zu stärken. Der Think Tank engagiert sich für eine sach­liche und zukun­ft­sori­en­tierte Diskus­sion mit inno­v­a­tiv­en und glob­alen Blick­winkeln und bietet Freiräume zum Vor- und Quer­denken. Obfrau des gemein­nützi­gen Vere­ins ist LH-Stv. Mag. Chris­tine Haber­lan­der, der wis­senschaftliche Leit­er Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger ste­ht dem 24-köp­fi­gen Beirat vor.

     

    Foto 1: vlnr: Markus Hengstschläger, Chris­tine Haber­lan­der, Richard David Precht

    Foto 2: Chris­tine Haber­lan­der beim ACADEMIA SUPERIOR DIALOG

    Foto 3: vlnr: Thomas Wolf­s­gru­ber (HYPO OÖ), Markus Hengstschläger, Chris­tine Haber­lan­der, Thomas Stelz­er, Richard David Precht und Klaus Kumpfmüller

    Fotos Hon­o­rar­frei © Acad­e­mia Superior/Wakolbinger