Energiepolitische Perspektiven Oberösterreich 2050

Der Schw­er­punkt Energie beschäftigt die ACADEMIA SUPERIOR bere­its seit mehreren Jahren. In einem weit­eren Kaminge­spräch in der Rei­he „Energiepoli­tis­che Per­spek­tiv­en“ wurde mit Vertreterin­nen und Vertretern der Energiewirtschaft über die Energiewende in Europa und die Vision der Energie-Leitre­gion Oberöster­re­ich diskutiert.

Organ­isiert wurde das Kaminge­spräch von der ACADEMIA SUPERIOR in Koop­er­a­tion mit dem Energie­in­sti­tut an der JKU. Neben dem zuständi­gen Lan­desrat Dr. Michael Strugl kon­nten als „Impuls­ge­ber von außen“  der Energiewen­de­beauf­tragte des deutschen Energiekonz­erns RWE, Dr. Johannes Lam­bertz, sowie die Energie­ex­per­tin des WIFO, Dr. Angela Köp­pl, gewon­nen werden.

Die Energiewende und ihre standortpolitischen Auswirkungen

Seit ver­gan­genem Herb­st ist der Obmann von ACADEMIA SUPERIOR, Dr. Michael Strugl, auch für die Energie-Agen­den des Lan­des OÖ zuständig. Den bish­eri­gen Empfehlun­gen von ACADEMIA SUPERIOR fol­gend will er nun die Vision der „Energie-Leitre­gion Oberöster­re­ich“ rasch umset­zen. Als erster Schritt dor­thin wird derzeit die Energies­trate­gie des Lan­des OÖ neu aus­gerichtet. Und hier geht es darum, wie intel­li­gent und effizient wir mit Energie umge­hen. „Smart Ener­gy for smart Indus­try” ist der Slo­gan dieses Koop­er­a­tionspro­jek­tes mit dem AIT (Aus­tri­an Insti­tute of Technology).

Aus der Sicht von ACADEMIA SUPERIOR führt der Weg zur Energie-Leitre­gion über einen effizien­teren Umgang mit Energie und die Entwick­lung und Imple­men­tierung neuer tech­nol­o­gis­ch­er und gesellschaft­spoli­tis­ch­er Lösun­gen. „Energiewende bedeutet mehr, als dass der Strom aus der Steck­dose von erneuer­baren Energi­eträgern kommt. Sie bedeutet eine Umstel­lung unseres gesamten Energiesys­tems – bis hin zu den Bere­ichen Verkehr und Wärmegewin­nung“, erk­lärt Michael Strugl.

Dass Oberöster­re­ich bere­its auf einem guten Weg ist, zeigen die Zahlen der ver­gan­genen zehn Jahre, in denen das Wirtschaftswach­s­tum vom Energie­ver­brauch entkop­pelt wer­den kon­nte. So blieb der Gesamten­ergie­ver­brauch rel­a­tiv kon­stant, obwohl die Wirtschaft gle­ichzeit­ig gewach­sen ist. (mehr dazu im kür­zlich präsen­tierten Energiebericht 2015 des Lan­des OÖ)

Deutsche Energiewende und Atomausstieg

Den Blick auf die näch­sten Entwick­lun­gen beim nördlichen Nach­barn Deutsch­land eröffnete Dr. Johannes Lam­bertz, der selb­st mehrere Jahre Vor­standsvor­sitzen­der des Energiekonz­erns RWE war und nun dessen Energiewen­de­beauf­tragter ist.

In der Energiewirtschaft hat sich in den let­zten Jahren sehr viel geän­dert: die großen sind nicht mehr groß, mit kon­ven­tionellem Geschäft ist nicht mehr viel zu ver­di­enen. Lam­bertz unter­stre­icht, dass nie­mand in Deutsch­land am Atom­ausstieg und an der Energiewende rüt­telt: „Diese Ziele sind gut und richtig“, ist Lam­bertz überzeugt. Als prob­lema­tisch wird es sich aber bald erweisen, dass der Net­zaus­bau langsamer als geplant voranschreitet.

Wenn Deutsch­land 2022 sein let­ztes Kernkraftwerk wie vorge­se­hen vom Netz nimmt, wer­den die großen Nord-Süd-Strom­trassen noch nicht fer­tig sein. Dann kann noch kein Strom von den Wind­parks im Nor­den in den Süden des Lan­des trans­portiert wer­den. „Wie dieses Prob­lem gelöst wer­den soll, kann in Deutsch­land derzeit nie­mand beant­worten“, erk­lärt Lam­bertz und betont weit­er: „aber ins­beson­dere für die Indus­trie ist das eine grundle­gende Fra­gen.“ Die notwendi­ge Flex­i­bil­ität für eine kom­plett auf erneuer­baren Energi­eträgern beruhende Energiewirtschaft hat das deutsche Energien­etz laut Lam­bertz noch lange nicht, weshalb es weit­er­hin zu starken Ver­w­er­fun­gen am Strom­markt kom­men wird.

Wichtig ist es für Lam­bertz, dass die Men­schen und die Wirtschaft nicht von neg­a­tiv­en Neben­ef­fek­ten der Energiewende über­rollt wer­den. Die Verpflich­tun­gen im Rah­men der Paris­er Verträge tra­gen laut dem Experten viel weit­er, als die Bevölkerung ahnt. Wenn aber die Kosten für Energie stark ansteigen, dro­ht die Akzep­tanz der Energiewende in der Bevölkerung zu sinken. Zen­trale Auf­gabe der Poli­tik ist es deshalb dafür zu sor­gen, dass der Lebens­stan­dard nicht sinkt und keine Unternehmen abwan­dern müssen.

Energiewende bedroht Lebensstandard nicht

Die Äng­ste davor, dass die Trans­for­ma­tion des Energiesys­tems den Wohl­stand gefährden kön­nte, ver­sucht Energie­ex­per­tin Dr. Angela Köp­pl vom WIFO zu zer­streuen: „In Öster­re­ich sind die Stromkosten für nur zwei bis drei Prozent der pri­vat­en Haushalt­saus­gaben ver­ant­wortlich. Auch in der Indus­trie machen die Energiekosten im Durch­schnitt nur vier Prozent der Gesamtkosten aus, wobei dieser Anteil aber in der energiein­ten­siv­en Indus­trie auf bis zu 20% ansteigt“.

Köp­pl spricht sich dafür aus, nicht den Energie­ver­brauch an sich, son­dern die Energie-Dien­stleis­tun­gen, wie z.B. angenehmes Raumk­li­ma, Mobil­ität oder Beleuch­tung sowie die Frage, welche Ressourcen man dafür benötigt, in den Vorder­grund der Diskus­sio­nen zu stellen. Erst danach werde die Frage, welch­er Energi­eträger genutzt wird, sinnvoll.

Potenziale von Abwärme

Große Poten­ziale sehen alle Exper­tin­nen und Experten auch in der effizien­teren Nutzung der bere­its einge­set­zten Energie mith­il­fe neuer Tech­nolo­gien, die zum Beispiel die in der Indus­trie entste­hende Abwärme nutzt. „Oberöster­re­ichis­che Betriebe arbeit­en bere­its an der­ar­ti­gen Meth­o­d­en“, betont DI Dr. Horst Stein­müller, Geschäfts­führer des Energie­in­sti­tuts an der Johannes Kepler Uni­ver­sität und Mod­er­a­tor der Diskus­sion, und plädierte: „Wir brauchen mehr Verbindun­gen zwis­chen den Energieträgern.“

Zwei Drittel der in OÖ verbrauchten Energie wird noch importiert

Für Michael Strugl und die Energie-Experten ste­ht außer Frage, dass der Erhalt der heimis­chen Indus­trie und der Arbeit­splätze ein­er der Grundpfeil­er ein­er erfol­gre­ichen Energies­trate­gie für Oberöster­re­ich sein wird: „Der bish­erige Weg war erfol­gre­ich. Der Anteil der Erneuer­baren ist 2015 auf 39% gestiegen. Aber wir müssen immer noch zwei Drit­tel unser­er Energie, vor allem in Form von Öl und Gas, importieren, um unseren Bedarf zu deck­en,“ so Strugl.

Er betont weit­er, dass er große Hoff­nun­gen in die Forschung set­zt, die neue Möglichkeit­en für die Zukun­ft ermöglichen wird. Dementsprechend liegen die Schw­er­punk­te der neuen Energies­trate­gie vor allem auf den Bere­ichen Effizien­zsteigerung und Forschung.