Außen­poli­tik­ex­perte Prof. James M. Lind­say und His­torik­er Mitchell G. Ash disku­tierten über die Zukun­ft des amerikanis­chen Engage­ments in der Welt. Lind­say ist Senior Vice Pres­i­dent des Coun­cil on For­eign Rela­tions – der wichtig­sten Denk­fab­rik für die amerikanis­che Außen- und Sicher­heit­spoli­tik. Prof. Ash ist His­torik­er für Zeit­geschichte an der Uni­ver­sität Wien und Beiratsmit­glied von ACADEMIA SUPERIOR. In Koop­er­a­tion mit der US-Botschaft in Wien fand die Diskus­sionsver­anstal­tung unter der Leitung von Geschäfts­führerin Dr. Clau­dia Schwarz an der Johannes Kepler Uni­ver­sität Linz statt.

Die Rel­e­vanz des The­mas für Oberöster­re­ich fasste Obmann LH-Stv. Dr. Michael Strugl zusam­men: „Die USA sind Oberöster­re­ichs zweit­größter Export­markt und die Part­ner­schaft zwis­chen Europa und den USA garantiert den Frieden in Europa. Diese Koop­er­a­tion wird für die Lösung der großen glob­alen Prob­leme der Zukun­ft zen­tral sein. Die Frage, wie die Vere­inigten Staat­en ihre Außen­poli­tik gestal­ten, wird indi­rekt und direkt auch uns betreffen“.

„Wir wissen nicht, ob da ein Plan ist oder nur Chaos“

Die US-Außen­poli­tik unter Don­ald Trump ist ohne klare Lin­ie. „Bei sein­er Poli­tik ist nicht klar, was geplant, und was nur Ergeb­nis des Zufalls ist“, meinte His­torik­er Mitchell Ash. Einige Grundzüge der zukün­fti­gen Aus­rich­tung sind jedoch für den Außen­poli­tik­ex­perten James Lind­say ein­deutig: „Trump ist kein Iso­la­tion­ist. Aber er hält das bish­erige Beken­nt­nis der USA zu ein­er mul­ti­lat­eralen und auf der Herrschaft des Rechts beruhen­den Wel­tord­nung für einen Fehler. Er bevorzugt bilat­erale Verträge zwis­chen zwei Staat­en, weil er darin das Eigen­in­ter­esse der USA bess­er durch­set­zen kann und sieht dementsprechend auch die transat­lantis­che Part­ner­schaft skep­tisch“, so der Außen­poli­tik-Experte. Ger­ade die Europäer seien nicht unschuldig an dieser Ein­stel­lung: „Sie fordern zwar mehr Mit­sprache, sind aber nicht Wil­lens für die eigene mil­itärische Sicher­heit zu investieren“.

Mit Trump respektvoll im Dialog, aber mit Bestimmtheit umgehen

Wie soll man nun mit der Admin­is­tra­tion Trump am besten umge­hen um gute außen­poli­tis­che Ergeb­nisse zu erzie­len? Auf diese Frage, hat­te Lind­say eine klare Antwort: „Indem man ihr mit Respekt, Dia­log und Bes­timmtheit begeg­net“, lautete seine Empfehlung. Soweit man weiß, reagiere Trump sen­si­bel darauf, wie man mit ihm umge­ht. Den Dia­log solle man trotz aller Dif­feren­zen nie abbrechen lassen. Und für Europäer beson­ders wichtig: Geschlossen an den gemein­samen Zie­len fes­thal­ten und nicht auseinan­der­di­vi­dieren lassen. So könne man die besten Ergeb­nisse erreichen.

Aktuelle Her­aus­forderun­gen für die US-Außen­poli­tik sah Lind­say vor allem in den Fra­gen zu Nord­ko­rea, Syrien und dem Iran, sowie im Auf­stieg Chi­nas. Länger­fristig müssten sich die USA aber auch stärk­er zu anderen Entwick­lun­gen Gedanken machen: etwa dem tech­nol­o­gis­chen Fortschritt und seinen Auswirkun­gen auf die Außen­poli­tik; der immer kom­plex­eren Verknüp­fung der gesamten Welt; und der Zer­brech­lichkeit des glob­alen Handelssystems.

„Make America great again“ ist eine unrealistische Nostalgie

Wie das lib­erale und demokratis­che Welt­sys­tem wieder gestärkt wer­den kön­nte, ist ein weit­er­er wichtiger Bere­ich für den US-Experten. Der His­torik­er Ash sah mit Don­ald Trumps Slo­gan „Make Amer­i­ca great again“ dafür keine brauch­bare Vision in Sicht. „Die Leute denken dabei an die 1950er Jahre, als die USA wirk­lich dominierten. Sie vergessen dabei, dass die USA damals auch für 50 Prozent des Welt-Brut­to-Inland­spro­duk­tes ver­ant­wortlich waren. Das war ein­mal, wird aber nie wiederkom­men“, so Ash. Was die USA laut dem His­torik­er bräucht­en, wäre wieder eine langfristige, vor­wärts gerichtete und pos­i­tive Vision davon, wie die USA sein möcht­en – und keine rück­wärts­ge­wandte Nostalgie.

Die Nordkoreaner wissen genau, was sie wollen

Eine der härtesten Entschei­dun­gen, die auf Trump zukommt, ist, wie die USA mit Nord­ko­rea umge­hen sollen. Dabei hat man im West­en oft eine falsche Vorstel­lung vom Regime in Pjöng­jang, bemerk­te James Lind­say: „Kim ist nicht ver­rückt und die Nord­ko­re­an­er wis­sen genau, was sie tun“. Ihnen sei klar, dass die USA nicht mil­itärisch auf der Hal­binsel inter­ve­nieren wer­den, da dies enorme Men­schenopfer kosten würde. Die nord­ko­re­anis­che Poli­tik ziele daher darauf ab, die engen mil­itärischen Beziehun­gen zwis­chen Süd­ko­rea, Japan und den USA zu spren­gen. Diese bei­den Län­der sehen die Nord­ko­rea-Frage als zen­tral für ihre Sicher­heit. Aber auch ihnen ist bewusst, dass die USA nicht mil­itärisch ein­greifen wollen – deshalb müssten sie nach Alter­na­tiv­en zum Sicher­heit­sange­bot durch die USA suchen.

„Welche Entschei­dung Trump auch fällen wird. Es ist eine harte Entschei­dung. Denn die Kosten dieser Entschei­dung sind – egal ob die USA etwas machen oder ein­fach abwarten – enorm“, zeigte sich der Sicher­heit­sex­perte Lind­say abschließend überzeugt.