Die Bewäl­ti­gung des demografis­chen Wan­dels im ländlichen Raum, die nach­haltige und sichere Ver­sorgung mit Energie, die Sicherung von Gesund­heit und Leben­squal­ität, Bil­dung und sozialer Frieden — all dies sind Her­aus­forderun­gen, mit denen unsere Gesellschaft jet­zt und in Zukun­ft kon­fron­tiert sein wird und auf die sie heute nur unzure­ichende Antworten anbi­eten kann. Wir wer­den neue ganzheitliche Lösun­gen brauchen, so genan­nte „soziale Inno­va­tio­nen”, um adäquat und nach­haltig auf diese Her­aus­forderun­gen antworten zu können.

Aus diesem Grund hat die ACADEMIA SUPERIOR die The­matik „Soziale Inno­va­tion” in ihr wirtschaft­spoli­tis­ches Reform­pro­gramm für Oberöster­re­ich aufgenom­men. Am Mittwoch den 10. Sep­tem­ber 2014 fand im WIFI Linz eine Pub­likumsver­anstal­tung statt, in deren Rah­men Beispiele für soziale Inno­va­tio­nen vorgestellt und darüber disku­tiert wurde, wie in Oberöster­re­ich mehr soziale Inno­va­tio­nen stim­uliert wer­den können.

Soziale Innovationen als neuer Lösungsansatz

Das Konzept der sozialen Inno­va­tio­nen ste­ht eng im Zusam­men­hang mit Begrif­f­en wie Social Busi­ness und Social Entre­pre­neur­ship. Ihnen gemein­sam ist, dass die ange­sproch­enen Her­aus­forderun­gen, vor denen unsere Gesellschaft ste­ht, durch einen unternehmerischen Ansatz gelöst wer­den sollen. Social Entre­pre­neure arbeit­en an Ansätzen, um soziale Prob­leme nach­haltig lösen zu kön­nen. Sie suchen nach neuen Wegen im Bil­dungssys­tem, entwick­eln inno­v­a­tive Mod­elle zur Kon­flik­tlö­sung, zur Armuts­bekämp­fung, zur Ressourcenscho­nung, zur Pflege und vielem mehr.

Soziale Inno­va­tio­nen entste­hen meist in einem Feld zwis­chen klas­sis­chem Unternehmer­tum aus der Wirtschaft und Non-Prof­it-Organ­i­sa­tio­nen. Sie zu entwick­eln braucht den Unternehmergeist, die Vision­skraft, den Prag­ma­tismus, die Kreativ­ität und den Willen zum Erfolg eines Wirtschaft­sun­ternehmens. Sie zie­len jedoch nicht auf Prof­it ab, son­dern sind gemein­nützig ori­en­tiert. Ein erfol­gre­ich tätiges sozial inno­v­a­tives Unternehmen hat einen Geschäft­s­plan, es ver­mark­tet sein Pro­dukt, kann seinen Mitar­bei­t­erin­nen und Mitar­beit­er finanzieren und erzielt gle­ichzeit­ig Gewinne.

Soziale Innovationen auch auf EU-Agenda

Der Gedanke, dass soziale Inno­va­tio­nen eine Antwort auf die großen gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen unser­er Zeit sein kön­nen, wurde maßge­blich von Exper­tin­nen und Experten auf der europäis­chen Ebene entwick­elt. Bere­its 2009 hat das „Busi­ness Pan­el on Future EU Inno­va­tion Pol­i­cy” vorgeschla­gen, die europäis­che Inno­va­tion­spoli­tik stärk­er auf die gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen auszuricht­en und soziale Inno­va­tio­nen zu ini­ti­ieren.  Das hat sich unmit­tel­bar in der Europa 2020-Strate­gie niedergeschla­gen, die die Leitlin­ien der europäis­chen Poli­tik für den Zeitraum 2010–2020 vorgibt. Auch wurde daraufhin eine Ini­tia­tive für Soziales Unternehmer­tum ges­tartet, die den Fokus auf Inno­va­tio­nen im Sozial­bere­ich unter Mitwirkung von pri­vat­en Unternehmen legt.

Mit­tler­weile hat sich der Zugang, gesellschaftliche Her­aus­forderun­gen in den Mit­telpunkt der Wirtschafts- und Forschungspoli­tik zu stellen, auf europäis­ch­er Ebene konkretisiert. Im neuen Forschungsrah­men­pro­gramm der EU „Hori­zon 2020”, das ein Vol­u­men von knapp € 80 Mrd. umfasst, fließen mit 40 % die meis­ten Mit­tel in Vorhaben des The­men­bere­ichs „Gesellschaftliche Her­aus­forderun­gen”. Diesen Ansatz wurde auch in Oberöster­re­ich mit dem neuen strate­gis­chen Wirtschafts- und Forschung­spro­gramm „Inno­v­a­tives Oberöster­re­ich 2020” über­nom­men, das sich erst­mals an fünf großen, gesellschaftlich rel­e­van­ten The­men­feldern orientiert.

Wirtschaftliche Chancen für Unternehmen enorm

Bere­its in sein­er Begrüßung, vor Beginn der Diskus­sio­nen, betonte dementsprechend ACADEMIA SUPE­RI­OR-Obmann und Wirtschaft­s­lan­desrat Dr. Michael Strugl, dass auch die Europäis­che Union in der Stim­ulierung von sozialen Inno­va­tio­nen eines der zen­tralen Mit­tel sieht, um Antworten auf die großen Her­aus­forderun­gen zu find­en. Oberöster­re­ichis­che Unternehmen mit ihrem Know-How kön­nten in diesem Prozess nicht nur als wesentliche Akteure auftreten, son­dern auch als mögliche Prof­i­teure, denn die ökonomis­chen Chan­cen seien in diesem Bere­ich enorm. Den heimis­chen Unternehmen muss bewusst gemacht wer­den, dass durch die unbeant­worteten grand chal­lenges große Zukun­ftsmärk­te noch brach liegen, die aber durch die Entwick­lung sozial inno­v­a­tiv­er Pro­duk­te und Dien­stleis­tun­gen erschlossen wer­den kön­nen. Etwa im eine immer größere Bedeu­tung erlan­gen­den Gesund­heits­bere­ich tun sich dadurch enorme Per­spek­tiv­en auf.

OMV — Soziale Verantwortung wahrnehmen, heißt etwas tun

In der Keynote des Abends stellte Dr. Ger­hard Roiss, Vor­stands­di­rek­tor der OMV AG — dem größten börsen­notierten Unternehmen Öster­re­ichs — das umfan­gre­iche soziale Engage­ment der OMV dar und erk­lärte, wie das vorantrieben von sozialen Inno­va­tio­nen in seinem Unternehmen mit­tler­weile zum essen­tiellen Bestandteil der Unternehmen­skul­tur gewor­den ist. „Die Leis­tung eines Unternehmens definiert sich heute nicht mehr auss­chließlich über den Gewinn, son­dern auch über die Wahrnehmung der sozialen Ver­ant­wor­tung”, zeigte sich Roiss überzeugt. Die OMV nähme diese Ver­ant­wor­tung sowohl in Öster­re­ich, als auch durch Bil­dungs- und Umwelt­pro­gramme in den jew­eili­gen Öl- und Gas­förder­re­gio­nen, aktiv wahr.

Dass, wenn man etwas in die Leute investiert, auch wieder etwas zurück­kommt, beschrieb Roiss am Beispiel der OMV-Aktiv­itäten in Libyen: Dort ist das Unternehmen seit den 80er Jahren aktiv und auch sozial durch Bil­dung­spro­jek­te engagiert. Als der Krieg in dem ara­bis­chen Land aus­brach, zahlte die OMV die Löhne an ihre Arbeit­er, trotz Still­stand der Pro­duk­tion, weit­er. Da die Arbeit­er auf eigene Faust die Fahrzeuge des Konz­erns vor den Kon­flik­t­parteien ver­steck­ten, ging in dieser Zeit „kein einziges OMV-Fahrzeug in Libyen ver­loren”, stellte Roiss erfreut fest.

Die OMV beschränkt sich dabei schon lange nicht mehr darauf, anderen Ini­tia­tiv­en Geld zur Ver­fü­gung zu stellen. „Heute machen wir unsere Pro­jek­te sel­ber und schick­en nichts mehr an andere. Dabei gilt der Grund­satz: Nur wenn ein Pro­jekt auch von anderen Fir­men über­nom­men wird, führen wir es fort”, stellte Roiss klar. Das Ziel sei es, effizient und inno­v­a­tiv zu sein und ein­fach etwas zu tun und nicht nur davon zu reden.

Abgerun­det wurde die Ver­anstal­tung von einem Podi­ums­ge­spräch, in dem die The­matik der sozialen Inno­va­tion noch bre­it­er dargestellt und darüber disku­tiert wurde, was in Oberöster­re­ich gemacht wer­den kann, um mehr soziale Inno­va­tio­nen zu stimulieren:

LIFEtool — soziale Innovationen aus Oberösterreich

Mag. David Hofer, Geschäfts­führer der LIFE­tool gemein­nützi­gen GmbH, erk­lärte, wie LIFE­tool schon seit Jahren soziale Inno­va­tio­nen in Oberöster­re­ich durch die Entwick­lung neuer Tech­nolo­gien, wie etwa ein­er mit dem Mund ges­teuerten Com­put­er­maus, her­vor­bringt. Dabei betonte er: „Gemein­nützigkeit bedeutet nicht, dass man keinen Gewinn machen darf. Aber der Gewinn verbleibt im Unternehmen und wird nicht an Inve­storen aus­bezahlt”. LIFE­tool ist ein gemein­nütziges Unternehmen in Linz und ist im Eigen­tum des Evan­ge­lis­chen Diakoniew­erks Gall­neukirchen und AIT — Aus­tri­an Insti­tute of Tech­nol­o­gy GmbH. Schw­er­punk­tak­tiv­itäten bei LIFE­tool sind die Forschung, Entwick­lung sowie Beratung für Men­schen mit Beein­träch­ti­gun­gen aller Altersstufen in den Bere­ichen Assistierende Tech­nolo­gien, Unter­stützte Kom­mu­nika­tion und com­puterun­ter­stützte Lern- und Therapieprogramme.

Ashoka — gesucht: Querdenker mit innovativen Ideen

Mag. Marie Ringler, Län­derdi­rek­torin von Ashoka Aus­tria — Teil eines in 80 Län­dern weltweit aktiv­en Net­zw­erkes — betonte, dass „es vor allem Koop­er­a­tion braucht, um die Antworten auf die gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen zu find­en”. Ashoka Aus­tria unter­stützt, als weltweit größte Organ­i­sa­tion, Social Entre­pre­neurs, also unternehmerische Men­schen, die mit inno­v­a­tiv­en Ideen drän­gende gesellschaftliche Prob­leme lösen wollen und somit soziale Inno­va­tio­nen gener­ieren. Weltweit beste­ht das Ashoka-Net­zw­erk aus 3.000 Social Entre­pre­neuren — in Öster­re­ich sind es erst vier. Was zeigt, wie viel Luft nach oben in Öster­re­ich in dieser The­matik noch vorhan­den ist.

Wie hoch das Poten­tial ist zeigt Marie Ringler am Beispiel der Organ­i­sa­tion „Dia­log im Dunkeln”, welche Ausstel­lun­gen organ­isiert in denen sehende Men­schen im Dunkeln von Blind­en durch die Räume geführt wer­den — mit­tler­weile beschäftigt diese Organ­i­sa­tion 6.000 Menschen.

Hin­weis: Ein­er der öster­re­ichis­chen Ashoka-Fel­lows ist der Oberöster­re­ich­er Mar­tin Hollinetz mit sein­er Inno­va­tion der „OTELOS — Offene Tech­nolo­giela­bore”, durch die sich neue Per­spek­tiv­en für den ländlichen Raum eröff­nen können.

AWS — Förderung gesellschaftlicher Innovation

DI Bern­hard Sag­meis­ter, zählte die Möglichkeit­en auf, mit denen sich sozial inno­v­a­tive Unternehmensgrün­derin­nen und ‑grün­der bei der AWS, der Aus­tria Wirtschaftsser­vice GmbH, Förderun­gen für ihre Ideen holen kön­nen. So gibt es beispiel­sweise seit einem Jahr ein eigens ein­gerichtetes För­der­mit­tel für soziale Inno­va­tio­nen. „Wir wollen vor allem die Sicht­barkeit dieser Ideen erhöhen”, erläuterte der Geschäfts­führer der AWS, die als zen­trale Förder- und Finanzierungs­bank der Repub­lik Öster­re­ich den Stan­dort und die Wet­tbe­werb­s­fähigkeit des Lan­des sich­ern soll und bere­its seit 2011 einen Schw­er­punkt auf Wirtschaft­spoli­tis­che Chan­cen und Per­spek­tiv­en sozialer Inno­va­tion in Öster­re­ich set­zt. Die aws ist neben Ashoka und der Indus­triel­len­vere­ini­gung Ini­tia­tor und Träger der neuen Ini­tia­tive „Gesellschaftliche Inno­va­tion und Sozialun­ternehmer­tum in Öster­re­ich” und koor­diniert dabei den Teil­bere­ich „Finanzierung”.

Wir sind noch weit entfernt von der Weltspitze

Dr. Ger­hard Roiss sprach jedoch auch die Prob­leme in der Diskus­sion an: „Wir sind noch weit davon ent­fer­nt, in diesem Feld an die Welt­spitze auf­schließen zu kön­nen. Was wir brauchen ist eine bre­ite Inno­va­tion­skul­tur in der gesamten Gesellschaft”. Dr. Ger­hard Roiss ist seit 2011 Vor­standsvor­sitzen­der der OMV AG — dem größten pri­vat­en Unternehmen Öster­re­ichs mit einem Konz­er­num­satz von 42 Mrd. Auf seine Ini­tia­tive hin wurde u.a. ein Stiftungslehrstuhl für „Social Entre­pre­neur­ship, Sus­tain­abil­i­ty und Per­for­mance Man­age­ment” ein­gerichtet. Zahlre­iche Maß­nah­men im Bil­dungs- und Nach­haltigkeits­bere­ich wur­den durch die OMV geset­zt, z.B. haben alleine im Jahr 2013 etwa über 4.000 Schü­lerin­nen und Schüler von der OMV unter­stützte Schulen in Pak­istan besucht.

Möglichkeiten der Politik

LR Dr. Michael Strugl erk­lärte was die Poli­tik tun kann um die The­matik Soziale Inno­va­tion weit­er voranzubringen:

  1. Ent­lang der großen Her­aus­forderun­gen ihre poli­tis­chen Strate­gien ausrichten
  2. Durch Aware­ness-Maß­nah­men die Men­schen aufmerk­sam machen
  3. Die rel­e­van­ten Akteure miteinan­der ver­net­zen, so dass neue Pro­jek­te entstehen.

Er wies auch noch ein­mal darauf hin, dass „wir alle drei Ebene brauchen, um hier mehr voranzubrin­gen:  die Pri­vate, die öffentliche und die zivilge­sellschaftliche Sphäre”. Dann, zeigte er sich überzeugt, „kommt auch etwas dabei heraus”.

Die ACADEMIA SUPERIOR arbeit­et derzeit daran für die oö. Poli­tik einen Kat­a­log an Hand­lungsempfehlun­gen zu erstellen, durch den Wege aufgezeigt wer­den, wie Social Entre­pre­neur­ship in Oberöster­re­ich gefördert und Soziale Inno­va­tio­nen stim­uliert wer­den können.

Bere­its im Som­mer 2013 fand zur The­matik Social Busi­ness in ländlichen Regio­nen eine ACADEMIA SUPERIOR denkBAR statt.

Die Ver­anstal­tung wurde unter­stützt von der HOFER KG.