Die Zukunft bleibt mobil

Mobil­ität ist ein Men­schheit­straum. Sie begeg­net uns schon in der antiken Vorstel­lung göt­tlich­er All­ge­gen­wart und war immer eine wichtige Basis wirtschaftlich­er, poli­tis­ch­er und mil­itärisch­er Macht. Gemeint ist üblicher­weise die physis­che Bewe­gung von Men­schen und Din­gen, möglichst rasch und über möglichst weite Ent­fer­nun­gen. Dabei ist der enge Zusam­men­hang mit dem Aus­tausch von Infor­ma­tion nicht immer auf den ersten Blick deut­lich. Im Zeital­ter der Dig­i­tal­isierung ist dies jedoch ein entschei­den­der Aspekt jeglich­er Entwick­lung auch in diesem Bereich.

Tech­niker wie Sci­ence-Fic­tion-Autoren befassen sich seit jeher mit neuar­ti­gen Mod­ellen der Fort­be­we­gung. Die futur­is­tis­che Idee des Bea­mens ist Selb­stver­ständlichkeit im Raum­schiff Enter­prise der 1960er-Jahre und hat sich tief in die Pop­ulärkul­tur einge­bran­nt. Aber wie sieht es heute aus an der Naht­stelle zwis­chen etabliert­er Real­ität, dem Poten­zial konkreter Inno­va­tion und schein­bar unerr­e­ich­bar­er Fiktion?

Das Ende des Autos, wie wir es kennen

Die Entwick­lung bei den KFZ ist abse­hbar, lediglich der Zeitrah­men ist unklar: Sie wer­den noch effizien­ter, kom­fort­abler, sicher­er. Ziel ist die selb­st­fahrende Zelle für indi­vidu­elle Arbeit, Unter­hal­tung und Kom­mu­nika­tion. Rück­grat dieser Entwick­lung: IT als Basis für die Kom­mu­nika­tion zwis­chen Fahrzeu­gen sowie mit Umwelt und Infra­struk­tur. Basis ist die Echtzeit-Auswer­tung von großen Daten­strö­men aus Sen­soren, Kam­eras und diversen Online-Daten­quellen, um Entschei­dun­gen in Fra­gen von Sicher­heit, Fahrzeug­s­teuerung und Routen­wahl zu tre­f­fen bzw. vorzu­bere­it­en. Beim Antrieb wer­den sich E‑Motoren oder andere Alter­na­tiv­en zu den klas­sis­chen Ver­bren­nungsmo­toren durch­set­zen. Im Fer­n­verkehr gibt es kreative Ansätze wie das Pro­jekt Hyper­loop, die „men­schliche Rohrpost” des Tes­la-Grün­ders Elon Musk. Neue Geschäftsmod­elle für den inter­modalen Verkehr wer­den fol­gen. Nach über 100 Jahren ver­liert Hen­ry Fords Idee des per­sön­lichen Fahrzeugs mit Sta­tuskraft an Bedeu­tung, Mobil­ität wird kün­ftig stärk­er als Dien­stleis­tung gese­hen wer­den. Und damit gehen gewaltige Umbrüche in der Auto­mo­bil­branche einher.

Mobilität neu gedacht

Die Dig­i­tal­isierung bringt auch 3D-Druck und Aug­ment­ed Real­i­ty. Was das mit Mobil­ität zu tun hat? Bei­des kön­nte den Bedarf an physis­chem Trans­port drama­tisch reduzieren. Szenario: Man bestellt sich ein Pro­dukt über das Inter­net, lädt sich die Dat­en herunter und erzeugt sich das Teil selb­st im eige­nen 3D-Druck­er. Möglicher­weise ist irgend­wann das einzige Mate­r­i­al, das man dann noch physisch trans­portieren muss, das Roh­ma­te­r­i­al für den Druck, welch­es Kun­st­stoff, Met­all, oder auch organ­isch sein kann.

Aber die Men­schen, die müssen sich doch noch bewe­gen? Wirk­lich leben­sna­he virtuelle Umge­bun­gen kön­nten auch diesen Bedarf im beru­flichen und pri­vat­en Umfeld schwinden lassen. IT-basierte Koop­er­a­tionsplat­tfor­men erlauben bere­its heute kom­fort­able virtuelle Meet­ings und Zusam­me­nar­beit. Fer­n­wartung und ‑oper­a­tio­nen im indus­triellen, mil­itärischen und medi­zinis­chen Umfeld sind Real­ität oder ste­hen unmit­tel­bar bevor. Robotik gekop­pelt mit den oben erwäh­n­ten IT-Meth­o­d­en macht auch das möglich. Die Unterhaltungs‑, Kommunikations‑, und Touris­musin­dus­trien wer­den nachziehen. Kul­tur­touris­mus kön­nte obso­let wer­den, wenn man Sehens­würdigkeiten kostengün­stiger, kom­fort­abler, sicher­er in virtuellen Umge­bun­gen erleben kann als an realen Objek­ten, und jed­erzeit aus beliebig naher Dis­tanz und Richtung.

Auch Brain-Com­put­er Inter­faces sind bere­its Real­ität, die Beschränkung auf eine Kom­mu­nika­tion­srich­tung hat eher ethis­che als tech­nis­che Gründe. So schließt sich der Kreis zum Bea­men: Die Quan­ten­ver­schränkung eröffnet eine ganz neue Dimen­sion von Infor­ma­tion­saus­tausch. Der materielle Trans­fer von Men­schen quer durchs Uni­ver­sum durch „Bea­men” bleibt wohl noch eine Zeit lang Sci­ence-Fic­tion. Aber vielle­icht ist das gar nicht nötig, wenn man sich eines Tages per „Fer­n­re­al­ität” so fühlen und so agieren kann als wäre man tat­säch­lich dort. Infor­ma­tion­saus­tausch statt physis­chem Trans­port: die ulti­ma­tive Vision von Mobilität?

Dieser Text erschien am 8.5. auf www.ITcluster.at

Zur Person

DI Dr. Robert Stuben­rauch ist Man­ag­er des oö IT-Clus­ters (ITC), dessen Auf­bau er seit Jän­ner 2013 betreibt. Davor war er zulet­zt in der Leitung des Soft­wareparks Hagen­berg mit den Schw­er­punk­ten Stan­dort­mar­ket­ing, Investor Rela­tions, Inno­va­tion und Tech­nolo­gi­etrans­fer für IT-Fir­men tätig. Er besitzt Stu­di­en­ab­schlüsse der TU Graz, wo er als Infor­matik­er ange­wandte Soft­ware­forschung betrieben und zahlre­iche inter­na­tionale Koop­er­a­tionspro­jek­te koor­diniert hat. Bei der steirischen Forschung­sein­rich­tung Joan­neum Research hat er Dig­i­tal­isierung­spro­jek­te für namhafte Lexikon­ver­lage geleitet.