Dicht gefüllt war am 14. Februar 2013 der Mehrzwecksaal des Gymnasiums Dachsberg. Knapp 450 Personen folgten der Einladung des Gymnasiums und der ACADEMIA SUPERIOR zu den „Dachsberger Zeitgesprächen” zum Thema „Brennpunkt Generationenkonflikt”, bei dem vertretend für die Jugend Claudia Witzeneder und Felix Wagner mit Jugend- Familien- und Wirtschaftsbundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner, Jugendkulturforscherin Dr. Beate Großegger, Demografieforscher Dr. Bernd Marin und dem Präsidenten der IV Oberösterreich, DI Klaus Pöttinger, am Podium diskutierten.
Wer Bildung hat, hat Zukunft
Seit mehreren Monaten befasste sich die 7A-Klasse intensiv mit den für sie und ihre Generation wichtigen politischen und wirtschaftlichen Zukunftsthemen in Form eines von ihrer Geografieprofessorin MMag. Brigitte Söllinger initiierten und in Kooperation mit dem oberösterreichischen Think Tank ACADEMIA SUPERIOR durchgeführten „YOUNG ACADEMIA” Projektes.
„Die Freiheit ist der kostbarste Teil des Menschen”, zitierte eingangs Direktor Pater Ferdinand Karer das Motto der Schule von Franz von Sales und betonte, dass Bildung diese Freiheit beflügelt. „Freiheit bedeutet auch, Verantwortung übernehmen in der Gesellschaft”, appelliert er an die jungen Menschen und hofft, dass sie „nie müde werden, Fragen zu stellen, bis sie beantwortet sind”.
Mag. Michael Strugl, Obmann der ACADEMIA SUPERIOR, zeigt sich beeindruckt von dem überwältigenden Eifer und dem Elan, dem Engagement und der Leidenschaft, die in der Veranstaltung steckt und deutlich macht, dass die jungen Menschen gehört werden wollen. Im demografischen Wandel sieht er auch demokratiepolitische Herausforderungen und warnt vor der Gefahr eines „Exodus der Jugend”, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. „Wer die Jugend hat, hat die Zukunft, sagen viele. Doch ich sage, wer die Zukunft hat, hat auch die Jugend.” Da Laut Genetiker Markus Hengstschläger die nächste Generation immer das beste ist, das, wir haben stellt sich die Frage: „Welches Werkzeug können wir der Jugend mitgeben, um ihre Zukunft bestmöglich zu meistern?”
Projektkoordinatorin MMag. Brigitte Söllinger lobt das unendliche Engagement ihrer Klasse bei dem Projekt und beschreibt aus ihrer Sicht den Erfolg des Projektes mit dem Zitat einer Schülerin: „Wir haben so viel gelernt, ohne das Gefühl gehabt zu haben, lernen zu müssen”. Das Einbinden der Jugend in die gesellschaftspolitischen Prozesse sieht sie als wichtigste Aufgabe und Auftrag an die Politik: „Führen Sie den Dialog mit den jungen Menschen. Nehmen wir die jungen Menschen mit in das Boot und rudern wir gemeinsam.” Das Projekt zeigt: die Jugend beschäftigt sich intensiv mit Gesellschaft und Politik und entspricht nicht dem Klischee der Politikverdrossenheit, wenn sie nur ernst genommen und eingebunden werden.
Auf die Diskussion stimmte ein von den Schülerinnen und Schülern selbst gedrehter kurzer Film mit Interviews von Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Generationen zu den Themen Generationenpolitik, Migration, das Pensionssystem und die gesellschaftlichen Herausforderung ein.
Mythos Generationenkonflikt?
„Es wird keinen Generationenkonflikt geben — wir werden die Probleme gemeinsam lösen”, versichert der Jugend‑, Familien‑, und Wirtschaftsminister. „Die Finanzierung des Systems in Zukunft ist immer gegeben, es ist nur die Frage, unter welchen Bedingungen”, antwortet Bundesminister Mitterlehner auf die Frage, ob das derzeitige Pensionssystem auch in Zukunft leistbar sein wird. „Es ist erfreulich, dass wir alle älter werden, nur sind wir auch länger in Pension. Veränderungen passieren, aber ein etabliertes System lässt sich nur langsam und konsequent ändern. Wir arbeiten an der Umstellung des Systems und sind damit gut unterwegs.” Eine drohende Jugendarbeitslosigkeit wie etwa in Portugal sieht Mitterlehner nicht: „Im Gegenteil, wir können den anderen helfen. Unser duales Bildungssystem funktioniert hervorragend und ist ein Vorbild für die anderen Staaten, ein Exportartikel.”
„Der Generationenkonflikt ist überzogen,” meint auch Sozialforscher Prof. Dr. Bernd Marin. „Es gibt Spannungen und Ungleichverteilung — einen Interessenskonflikt aber keinen Generationenkonflikt.” Das Missverhältnis und Handlungsbedarf sieht er nicht zwischen Alt und Jung sondern beim Verhältnis zwischen Aktiven versus Inaktiven: „Unser Problem in Österreich ist, dass wir zu viele Menschen im erwerbsfähigen Alter außerhalb des Erwerbslebens haben. Leute in den besten Jahren sind inaktiv.” Das betrifft also nicht nur das große Missverhältnis zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Pensionsantrittsalter (90% der österreichischen Bevölkerung gehen vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter in Pension), sondern auch die langen Ausbildungszeiten und vor allem die Auszeiten dazwischen, etwa durch Krankenstände oder Arbeitslosigkeit.
Auch die Jugendkulturforscherin Dr. Beate Großegger sieht weniger einen Generationenkonflikt als vielmehr einen enormen Interessenskonflikt. „Den Normen- und Wertekonflikt gab es früher. Heute ist alles sehr harmonisch. Bei Konflikten geht man sich aus dem Weg”. Vielmehr sei das Problem der Jungen heute, dass sie sich hilflos fühlen und nicht wissen, wohin ihre Zukunft führt. Das wichtigste ist deshalb, den Jugendlichen eine Perspektive und einen guten Einstige in das Arbeitsleben zu ermöglichen. ” Die heutige Jugend sieht positiv in die persönliche Zukunft, aber unentschieden bis düster in die gesellschaftliche Zukunft. Deshalb zieht sie sich in ihre kleinen, soziale Welten zurück, die sie noch als gestaltbar erleben.”
Für den IV-Präsidenten Pöttinger ist klar: „Freiheit gewinnt man nur durch Mut” und „für die Menschen muss es sich lohnen, länger zu arbeiten”. Die Freiheit bedeutet aber auch, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Pöttinger sieht viele Vorteile der heutigen Generation, doch auch viel Handlungsbedarf, etwa bei der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zukunft sieht er vor allem in den technischen Berufen, die er als aufgrund der Möglichkeit zur Teilzeitarbeit insbesondere den jungen Frauen ans Herz legt.
„Jugendliche fühlen sich von der Politik nicht vertreten”, stellen die Schülerin und der Schüler provokant in den Raum. „Wer Politik nicht selbst gestaltet, wird gestaltet werden,” gibt Mitterlehner den Jugendlichen zu bedenken. Das Potential zur aktiven Mitgestaltung sieht er etwa in der Form von Jugendgemeinderäten und rät den Jugendlichen zu mehr Widerspruch: „Weiter komme ich nur, wenn ich Reibungspunkte habe. Ich wünsche mir mehr Widerspruch und Reibungspunkte von den jungen Menschen.” Was die beste Altersvorsorge sei, ist für den Minister ganz klar die Bildung. Denn: „Wer Bildung hat, hat Zukunft”.
Der von den Schülern eingespielte Film endete mit dem Zitat von Xavier Naidoo: „Du bist die Zukunft, du bist dein Glück!” Die gelungene Veranstaltung dieser YOUNG ACADEMIA beweist: die Jugend einzubinden lohnt sich, und mit dieser Jugend können wir uns als Gesellschaft in Oberösterreich mehr als glücklich schätzen.