Es braucht Menschen-Bildung

Academia Superior startet neuen Bildungsschwerpunkt

Mit einem neuen Pro­gramm­schw­er­punkt zum The­ma Bil­dung und Werte schlägt die Acad­e­mia Supe­ri­or ein neues inhaltlich­es Kapi­tel auf: Am Mittwoch den 24. 5. 2023 startete eine Ver­anstal­tungsrei­he im Kloster Traunkirchen am Traun­see, mit der in Work­shops und Podi­umsver­anstal­tun­gen in alle Vierteln Oberöster­re­ichs eine Diskus­sion­splat­tform zu diesem The­ma eröffnet wird.

Obfrau LH-Stv. Mag Chris­tine Haber­lan­der definiert das Ziel des Prozess­es: „Heute ist der Startschuss für einen offe­nen Diskurs zum The­ma Bil­dung und Werte, bei dem wir nicht wis­sen, was am Ende her­auskom­men wird. Aber ich bin sich­er, dass wir alle klüger und mit mehr Ver­ständ­nis auseinan­derge­hen wer­den. Es gibt im Bil­dungs­bere­ich manche Dinge, die ein­fach passieren wer­den müssen. Die Frage ist, ob wir damit warten, bis es fünf vor zwölf ist, oder ob wir rechtzeit­ig darüber nach­denken und offen disku­tieren wollen.“

 

Der hochkaräti­gen Abend­ver­anstal­tung war ein Work­shop vorge­lagert, bei dem Bildungsexpert:innen aus der Region dazu aufgerufen waren, jene Her­aus­forderun­gen zu benen­nen, vor denen das Bil­dungssys­tem ste­ht und für die Lösun­gen entwick­elt wer­den müssen. Die Ergeb­nisse des Work­shops wur­den nicht nur für die spätere Bear­beitung gesam­melt, son­dern flossen auch in die Diskus­sio­nen der Abend­ver­anstal­tung ein (zum Work­shop-Bericht).

Eröffnet wurde sie mit ein­er Keynote des wis­senschaftlichen Leit­ers von Acad­e­mia Supe­ri­or, Genetik­er und Fach­buchau­tor Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger. In sein­er Rede sprach er über die Zukun­ft der Bil­dung und über die „gerichteten“ und „ungerichteten“ Kom­pe­ten­zen, die nur in Kom­bi­na­tion dazu führen, dass vorherse­hbare und noch nicht vorherse­hbare Her­aus­forderun­gen gemeis­tert wer­den kön­nen und Inno­va­tio­nen entste­hen. Er sieht Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein als wesentlichen Wert, der nicht nur jun­gen Men­schen ver­mit­telt wer­den soll, son­dern für die gesamte Gesellschaft wesentlich ist, um uns aus der aktuellen „Mit­machkrise“ her­aus­führen zu können.

In der anschließen­den Podi­ums­diskus­sion sprachen Gertrude Schatz­dor­fer-Wölfel, Geschäfts­führerin von Schatz­dor­fer Geräte­bau und gel­ernte Kinder­garten­päd­a­gogin, HS-Prof. Mag. DDr. Wal­ter Vogel, Rek­tor der Päd­a­gogis­chen Hochschule Oberöster­re­ich, LH-Stv. Mag. Chris­tine Haber­lan­der und Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit Chefredak­teur Mag. Thomas Win­kler über Werte im Bildungssystem.

„Wir dürfen den Menschen nicht aus dem Auge verlieren“

Bere­its im Kinder­garten wird die Grund­lage für spätere Bil­dungswege gelegt. Die frühere Kinder­garten­päd­a­gogin und heutige Geschäfts­führerin eines Geräte­bau­un­ternehmens, Gertrude Schatz­dor­fer-Wölfel, betonte, dass „Herzens­bil­dung“ im Kinder­garten ein wesentlich­er Schlüs­sel dazu ist: „Für die Kleinen geht es vor allem auch darum, dass man auf sie einge­ht, ihnen zuhört, Zeit für sie hat. Es geht um Bewe­gung und Kreativ­ität. Es geht darum ihnen zu ver­mit­teln: ‚du bist richtig, so wie du bist‘. Das schafft Urver­trauen, auf das man im späteren Leben auf­bauen kann.“ Für Schatz­dor­fer-Wölfl tra­gen vor allem engagierte Lehrkräfte dazu bei, unsere Gesellschaft zum Besseren zu verän­dern. „In der Wirtschaft fällt es mir leicht, meine High Poten­tials zu belohnen. Im Bil­dungswe­sen schaut das anders aus,“ plädiert Schatz­dor­fer für Leis­tungsan­reize und mehr Gestal­tungs­freiräume für Lehrpersonen.

Schulen sind Orte, um Wertediskussionen zu üben

Auch Chris­tine Haber­lan­der sieht in den Lehrkräften einen Schlüs­sel zur Ver­mit­tlung von Werten. Für sie haben ger­ade die Erfahrun­gen der let­zten Jahre gezeigt, dass Schulen auch jene Orte sind, an denen Kindern ver­mit­telt wird, wie wertschätzende Diskus­sio­nen geführt wer­den. „Es ist wichtig, dass man lernt, für seine Überzeu­gun­gen einzuste­hen und das auch artikulieren kann. Wo man aber auch kri­tisch zu denken lernt“, so Haber­lan­der, die in der Fähigkeit zur Diskus­sion eine wesentliche Stütze der Gesellschaft erkennt.

Was braucht eine „neue“ Schule?

Auch Wal­ter Vogel, als Rek­tor der Päd­a­gogis­chen Hochschule Oberöster­re­ich für die Aus- und Weit­er­bil­dung zahlre­ich­er zukün­ftiger Lehrkräfte zuständig, sieht die Auf­gabe der Schulen in der Ver­mit­tlung sowohl fach­lich­er Kom­pe­ten­zen als auch der Per­sön­lichkeits­bil­dung, die in seinen Augen noch aus­baufähig ist: „250 Jahre nach Ein­führung der Schulpflicht, wäre es wieder ein­mal an der Zeit, ‚die Schule‘ neu zu denken und zu fra­gen, ob wir mit der Schule wirk­lich im 21. Jahrhun­dert ange­langt sind“. Viele Rah­menbe­din­gun­gen im Schul­we­sen basieren immer noch auf den Hal­tun­gen des 18. und 19. Jahrhun­derts und die Gesellschaft habe sich, auch seit der let­zten großen Schulge­set­zre­form im Jahre 1962, deut­lich verändert.

Technik, Naturwissenschaft und der Empathie gehört die Zukunft

Dass die Fähigkeit zur Recherche und reflek­tierten Auseinan­der­set­zung mit Infor­ma­tio­nen ganz wesentliche Zukun­ft­skom­pe­ten­zen sind, ste­ht für Markus Hengstschläger als Maß­nahme gegen eine weit ver­bre­it­ete Wis­senschafts­feindlichkeit außer Frage. Er ist überzeugt, dass nicht nur werte­frei über Tal­ente gesprochen wer­den muss, son­dern dass Empathie in Zukun­ft entschei­dend sein wird: „Die Zukun­ft wird sicher­lich von Men­schen mit natur­wis­senschaftlichen und tech­nis­chen Kom­pe­ten­zen mit­gestal­tet. Aber blickt man auf die ras­an­ten Entwick­lun­gen im tech­nis­chen und dig­i­tal­en Bere­ich, so kann man auch davon aus­ge­hen, dass die Fähigkeit sich in andere Men­schen einzufühlen, ihnen etwas zu ver­mit­teln, immer wichtiger wer­den. Die Zukun­ft der Zukun­ft gehört auch den ‚Empathieberufen‘.“

Den Wert von Engagement vermitteln

Bei der Diskus­sion um die Zukun­ft der Bil­dung waren selb­stver­ständlich auch die Stim­men Jugendlich­er gefragt. Die Schülervertreter:innen rund um AHS-Lan­dess­chul­sprech­er Emil Schachtsch­a­bel bracht­en ihre Sichtweisen und Fra­gen zu dem The­ma ein und zeigten sich überzeugt: „man sollte sich auch noch mehr fra­gen, wie man Schü­lerin­nen und Schülern den Wert von Engage­ment ver­mit­telt. Denn unsere Gesellschaft lebt davon, dass möglichst viele mitmachen“.

Im Anschluss an die Ver­anstal­tung wurde unter den zahlre­ich anwe­senden Bil­dungsin­ter­essierten noch in einem angeregten Aus­tausch disku­tiert und nach Lösun­gen für die Zukun­ft gesucht.