Expertenrunde bei ACADEMIA SUPERIOR spricht sich für mehr Diskussionen über Regeln und Standards für künstliche Intelligenz aus

    Interdisziplinärer Austausch zur Künstlichen Intelligenz:

    Die ras­ante Entwick­lung von Anwen­dun­gen wie Chat­G­PT oder dem durch seine Pap­st­bilder bekan­nt gewor­de­nen Pro­gramm Mid­jour­ney schürt die Sorge vor gesellschaftlichen Kon­trol­lver­lus­ten: über 1000 Tech-Experten wie Steve Woz­ni­ak und Elon Musk forderten jüngst eine selb­st aufer­legte sechsmonatige Entwick­lungs-Pause, um die möglichen Gefahren und Auswirkun­gen der ras­ant steigen­den Anwen­dung Kün­stlich­er Intel­li­genz abzuwä­gen. Regierun­gen und Unternehmen seien gefordert, Regeln und Stan­dards für KI zu setzen.

    Beim Linz­er Think Tank Acad­e­mia Supe­ri­or wur­den in den let­zten Jahren bere­its mehrere Experten­run­den zu der The­matik abge­hal­ten. Man ist sich einig: es braucht noch mehr inter­diszi­plinäre Auseinan­der­set­zun­gen über die ethis­chen und sozialen Fra­gen rund um Anwen­dun­gen Kün­stlich­er Intel­li­genz und die Her­aus­forderun­gen, diese zu lenken oder zu regulieren.

    Es geht auch um die Frage der Datennutzung

    Eine in diesem Zusam­men­hang zen­trale und noch weit­ge­hend unbeant­wortete Frage ist, wie mit den großen Dat­en- und Infor­ma­tion­s­men­gen, die heute zur Ver­fü­gung ste­hen, umge­gan­gen wer­den soll und darf, welche Dat­en also wie von KI-Pro­gram­men ver­wen­det und aus­gew­ertet wer­den dür­fen. Da bis vor weni­gen Jahren noch nicht genug Rech­n­er­leis­tung vorhan­den war, um die poten­ziell vorhan­de­nen Daten­berge gezielt und zeit­na­he zu ver­w­erten, wurde diese Frage – um Inno­va­tio­nen nicht zu behin­dern – hin­tangestellt. Doch die mit­tler­weile möglich gewor­de­nen Rech­n­er­leis­tun­gen und deren Kom­bi­na­tion mit „lern­fähi­gen Pro­gram­men“ machen Auswer­tun­gen auch im großen Rah­men nun möglich oder zumin­d­est in der nahen Zukun­ft sehr wahrscheinlich.

    Da der­ar­tige Auswer­tun­gen durch machine learn­ing bzw. Kün­stliche Intel­li­genz in Zukun­ft als Entschei­dungs­grund­la­gen in vie­len Bere­ichen dienen kön­nen, kön­nten selb­st unbe­ab­sichtigte Fehler oder unvor­sichtig gewählte Klas­si­fika­tio­nen in der Pro­gram­mierung oder den Train­ings­dat­en der Pro­gramme poten­ziell gefährliche soziale Fol­gen nach sich ziehen.

    Beson­ders kri­tisch ist die Ver­wen­dung von Dat­en, die in sozialen Kon­tex­ten ent­standen sind, sowohl deren Ver­wen­dung für Analy­sen als auch deren Ver­wen­dung zum „Train­ing“ von Kün­stlichen Intel­li­gen­zen. Denn sie bergen die Gefahr, dass beste­hende gesellschaftliche Muster, die eigentlich ethisch abzulehnen sind, unbe­ab­sichtigt durch den Ein­satz der KI weit­er fest­geschrieben wer­den. Eine Diskus­sion über die ethis­chen Dimen­sio­nen der Ver­bre­itung von Kün­stlich­er Intel­li­genz muss vor allem auch die konkrete Nutzung von KI-Sys­te­men und deren Ein­bet­tung in sozio-tech­nis­che Struk­turen behan­deln und kann nicht nur auf eine „ethisch kor­rek­te“ Pro­gram­mierung der Algo-rith­men abzielen.

    Beant­wortet wer­den müssen in Zukun­ft Fra­gen wie: Wer gener­iert die Dat­en? Was davon darf von wem ver­wen­det wer­den? Wer darf welche Dat­en weit­ergeben? Welche Entschei­dun­gen darf der Men­sch fällen, deren Grund­lage auf der Analyse von welchen Dat­en durch KI-Pro­gramme beruht und welche Entschei­dun­gen darf der Men­sch an eine KI delegieren? Welche Mech­a­nis­men müssen entwick­elt wer­den, um KI-Sys­teme „sich­er“ zu machen?

    Ethische Diskussionen helfen dem Wirtschafts- und Forschungsstandort

    Ger­ade für einen Wirtschafts- und Forschungs­stan­dort, der ganz vorne bei der glob­alen tech­nol­o­gis­chen Inno­va­tion im Bere­ich der Kün­stlichen Intel­li­genz mit­mis­chen will, sind Diskus­sio­nen über die ethis­chen Fol­gen der Imple­men­tierung dieser Tech­nolo­gien beson­ders wichtig. So wer­den Unternehmen und Geset­zge­ber bere­its früh auf Her­aus­forderun­gen aufmerk­sam, sind in Diskus­sio­nen um die Gestal­tung der dig­i­tal­en Zukun­ft involviert kön­nen und proak­tiv damit umgehen.

    An den bish­er vier Gespräch­srun­den, die von der Acad­e­mia Supe­ri­or und dem Insti­tut für Prak­tis­che Philosophie/Ethik der Katholis­chen Uni­ver­sität Linz zu den Fra­gen der Kün­stlichen Intel­li­genz organ­isiert wur­den, haben bere­its Vertreter:innen der Johannes Kepler Uni­ver­sität Linz, der Katholis­chen Pri­vat-Uni­ver­sität Linz, der Sig­mund Freud Uni­ver­sität Wien, der Kun­stu­ni­ver­sität Linz, des Soft­ware Com­pe­tence Cen­ters Hagen­berg, der Evan­ge­lis­chen Kirche A.B. in Oberöster­re­ich, aus dem Jour­nal­is­mus, von Mei­n­ungs­forschung­sein­rich­tun­gen und Mar­ketingun­ternehmen teilge-nommen.

    Zitate aus den Gesprächen

    „Als Zukun­ft­sre­gion sollte sich Oberöster­re­ichs Forschungs­land­schaft aktiv in diese Diskus­sio­nen ein­klinken.“ – Chris­tine Haberlander

    „Ist die Tren­nung zwis­chen stark­er und schwach­er Kün­stlich­er Intel­li­genz angesichts der Fortschritte bei der schwachen Kün­stlichen Intel­li­genz noch sin­nvoll?“ – Michael Fuchs

    „Wir brauchen eine Ethik der Ver­wen­dung von KI und Algo­rith­men und nicht eine Ethik der Tech­no-logie alleine.“ – Uli Meyer

    „Die eigentliche ethis­che Frage, vor der wir ste­hen lautet: Wie gehen wir mit Infor­ma­tion um?“ – Bern­hard Nessler

    „Die Skalier­barkeit von Date­n­analy­sen ist heute durch KI viel größer als früher.“ – Hel­ga Wagner

    „Die Pan­demie hat das Zer­brechen der geteil­ten Öffentlichkeit ver­stärkt.“ – Lukas Kaelin

    „Je polar­isiert­er eine Gesellschaft ist, desto schwieriger ist es, Glaub­würdigkeit zu erre­ichen.“ – Julian Reiss

    „Sprach­pro­gramme mit KI lassen die Men­schen zusam­menwach­sen.“ – Bernad Batinic

    Fotos: hon­o­rafrei
    Foto 1: Chris­tine Haber­lan­der © Acad­e­mia Superior/ wakolbinger
    Foto 2: Experten­runde disku­tiert Regeln und Nor­men für KI © Acad­e­mia Superior

    ACADEMIA SUPERIOR – Gesellschaft für Zukunftsforschung
    ACADEMIA SUPERIOR iden­ti­fiziert aktuelle Her­aus­forderun­gen und blickt offen und neugierig in die Zukun­ft. Wir schaf­fen Freiräume zum inno­v­a­tiv­en Voraus- und Wei­t­er­denken und Ermuti­gen zu fak­ten­basierten Diskursen und Debat­ten. Die daraus resul­tieren­den Hand­lungsempfehlun­gen er-öff­nen Chan­cen und Poten­ziale für die Gestal­tung der Zukun­ft. So wird der Think Tank zum Do Tank. Obfrau des gemein­nützi­gen Vere­ins ist LH-Stv. Mag. Chris­tine Haber­lan­der, der wis­senschaft-liche Leit­er Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger ste­ht dem 24-köp­fi­gen Beirat vor.

    Rück­fra­gen-Kon­takt: Michael Hauer | mail: hauer@academia-superior.at | Tel: +43 732 2468 5052