In OÖ ist fast die Hälfte (49%) der über 16-Jährigen freiwillig engagiert. Sie leisten insgesamt rund 1,3 Millionen Arbeitsstunden pro Woche.

Fast die Hälfte der über 16-Jähri­gen Oberösterreicher*innen ist frei­willig tätig. Darüber hin­aus haben weit­ere 200.000 Per­so­n­en Inter­esse an einem Ehre­namt. Ein Ehre­namtlich­er leis­tet dabei in der Woche durch­schnit­tlich 5,3 Stun­den. Dadurch ergeben sich wöchentlich rund 1, 3 Mil­lio­nen Arbeitsstun­den, die in Oberöster­re­ich von Frei­willi­gen geleis­tet wer­den. (11)

Wirft man einen Blick auf das gesamte Land Öster­re­ich, zeich­net sich ein ähn­lich­es Bild ab: 46% der öster­re­ichis­chen Bevölkerung engagieren sich in Form von formeller und/oder informeller Frei­willi­ge­nar­beit. Dabei belaufen sich 31% auf ein Engage­ment in ein­er Organ­i­sa­tion oder Vere­in (formell), viele leis­ten aber auch unbezahlte Hil­fe im pri­vat­en Umfeld, wenn sie etwa für andere Behör­dengänge erledi­gen, Einkaufen gehen oder Haushalts- und Garten­hil­fe leis­ten (informell). (1)

In absoluten Zahlen bedeutet dies für Öster­re­ich, dass sich rund 3,5 Mil­lio­nen Men­schen in formellen und informellen Struk­turen frei­willig engagieren und in Summe 14 Mil­lio­nen Arbeitsstun­den pro Woche leis­ten. (2)

Sieht man sich die Bere­iche genauer an, in denen die Per­so­n­en formelle Frei­willi­ge­nar­beit leis­ten, so sind mit 8% der Bevölkerung (über 15-Jähri­gen) die meis­ten im Sportwe­sen tätig. Gefol­gt vom Katas­tro­phen­hil­fs- und Ret­tungs­di­enst (7%) und Kunst‑, Kul­tur- und Freizeit­bere­ich (6%). Im Mit­telfeld find­en sich danach die Sek­toren Kirche und Reli­gion sowie Umwelt- und Tier­schutz. In den Bere­ichen Bil­dung und poli­tis­che Arbeit engagieren sich jew­eilig 3%. In der Flüchtling­shil­fe und bürg­er­lichen Aktiv­itäten sind jew­eils 2% engagiert. (1)

Hin­weis: 1% entspricht 73.500 Personen.

Auch im Bun­des­land Oberöster­re­ich nimmt das Sportwe­sen mit rund 200.000 Ehre­namtlichen einen hohen Stell­w­ert ein (12). Darüber hin­aus sind 110.000 Per­so­n­en in der Volk­skul­tur (13) und 92.000 Men­schen bei den Feuer­wehren engagiert (14).

Freiwilligkeit im europäischen Vergleich

Im EU-Ver­gle­ich platziert sich Öster­re­ich im Frei­willi­ge­nen­gage­ment im oberen Drit­tel. Bei der SILC-Befra­gung von 2015 (3) wur­den jedoch nur die Tätigkeit­en in formellen und informellen Struk­turen analysiert und nicht erhoben, ob Per­so­n­en auch in bei­den Bere­ichen engagiert sind, wie dies bei der IFES-Befra­gung 2016 für Öster­re­ich gemacht wurde (1). Spitzen­re­it­er in der EU sind die Nieder­lande. Dort hil­ft beina­he jed­er Zweite in ein­er Organ­i­sa­tion oder einem Vere­in und fast 90% in der Nach­barschaft­shil­fe. Im Bere­ich der formellen Frei­willi­ge­nar­beit fol­gen danach Däne­mark und Lux­em­burg. Etwas anders sieht es aus, wenn man einen Blick auf das informelle Engage­ment wirft: Hier lan­den Finn­land und Island auf dem zweit­en und drit­ten Rang. (3)

Beweggründe für ein freiwilliges Engagement

Non­prof­it-Organ­i­sa­tio­nen reagieren auf das starke Bedürf­nis von Indi­viduen, ein Teil von etwas sein zu kön­nen, das größer ist als man selb­st. Sie brin­gen Men­schen auf lokaler, staatlich­er, nationaler und transna­tionaler Ebene mit anderen in Kon­takt, die ihre Inter­essen und Wertvorstel­lun­gen teilen. (4)

Viele Stu­di­en haben sich bere­its mit der Moti­va­tion von Frei­willi­gen beschäftigt. Dabei wurde all­ge­mein auch der Ein­fluss von per­sön­lichen Merk­malen, indi­vidu­ellen Ressourcen und sozialen Fak­toren auf Frei­willi­gen­tätigkeit unter­sucht. Unter per­sön­liche Merk­male fie­len unter anderem Wertvorstel­lun­gen und Reli­giosität. Als einen pos­i­tiv­en Effekt auf frei­williges Engage­ment im späteren Leben hat sich der Wun­sch, anderen zu helfen, her­auskristallisiert. Im Bere­ich der indi­vidu­ellen Ressourcen, wie beispiel­sweise Bil­dung, Haushalt­seinkom­men und Gesund­heit­szu­s­tand zeigt sich, dass ein höheres Bil­dungsniveau und ein höheres Haushalt­seinkom­men mit ein­er höheren Wahrschein­lichkeit von Frei­willi­gen­tätigkeit ver­bun­den sind. Der Gesund­heit­szu­s­tand, gemessen an der physis­chen und psy­chis­chen Gesund­heit, ist eben­falls ein wichtiger Indika­tor, ins­beson­dere bei älteren Per­so­n­en. Zu den sozialen Fak­toren zählen: das soziale Umfeld, soziale Inte­gra­tion und die soziale Rolle. Ein Beispiel in Bezug auf die soziale Rolle eines Indi­vidu­ums ist der Ver­lust von Part­ner­schaften. Dies verän­dert die indi­vidu­elle soziale Rolle und führt oft­mals auch zu weitre­ichen­deren Ver­lus­ten im sozialen Umfeld, was wiederum zu ein­er isoliert­eren gesellschaftlichen Rolle führt – frei­williges Engage­ment wird so eher behin­dert. (5)

In ein­er Öster­re­ich-Umfrage des IFES 2016 lan­dete der Wun­sch, anderen zu helfen, auf Rang eins und spiegelt somit die obi­gen Aus­führun­gen wider. Auch der Wun­sch, etwas für die Gemein­schaft zu tun und ein Teil von etwas Größerem zu sein, sowie eine Tätigkeit auszuüben, die Spaß macht, und neue Fre­unde ken­nen­zuler­nen, spiegeln den sozialen Aspekt von frei­williger Tätigkeit wider. Die Möglichkeit, beste­hende Ken­nt­nisse einzubrin­gen und neue dazuzuler­nen sind weit­ere wichtige Motive für frei­willig Engagierte. Auf den unteren Rän­gen platzieren sich eher eigen­nützigere Gründe, wie die Annahme, dass die Tätigkeit pos­i­tive Ein­flüsse auf das beru­fliche Leben hat. (1)

Wie erfolgreiches Freiwilligenmanagement gelingt

Um Frei­willi­ge­nar­beit leis­ten bzw. gewährleis­ten zu kön­nen, müssen bes­timmte Rah­menbe­din­gun­gen geschaf­fen wer­den, die sich auf die indi­vidu­elle Ebene und auf die insti­tu­tionelle Ebene der jew­eili­gen Organ­i­sa­tion beziehen. Auf der ersten Ebene sind vor allem sozioökonomis­che Ein­flussfak­toren rel­e­vant, aber auch das Ver­trauen und die Iden­ti­fizier­barkeit mit der aus­gewählten Organ­i­sa­tion. Hier set­zen die Rah­menbe­din­gun­gen seit­ens der Organ­i­sa­tion an, welche sich auf die Ver­mit­tlung der Mis­sion, das Ver­hält­nis von bezahlten und frei­willi­gen Mitarbeiter*innen und das grund­sät­zliche Frei­willi­gen­man­age­ment konzen­tri­eren soll­ten. So ist eine klare Auf­gaben­stel­lung und Erwartung gegenüber den Frei­willi­gen wichtig, um sie pro­duk­tiv und motiviert einzu­binden. Neben den genan­nten Rah­menbe­din­gun­gen hän­gen die Art und Inten­sität des frei­willi­gen Engage­ments von gesellschaftlich-kul­turellen sowie geschichtlich rel­e­van­ten Kon­tex­ten auf per­sön­lich­er und insti­tu­tioneller Ebene ab. Außer­dem find­et in Staat­en mit gerin­gen Einkom­men­su­n­ter­schieden, stärk­er­er Urban­isierung und höheren Sozialaus­gaben mehr Frei­willi­ge­nar­beit statt. Eben­so fördern funk­tion­ierende rechtliche Rah­menbe­din­gun­gen sowie eine bre­ite Vere­ins­land­schaft die Teil­nahme an Frei­willi­ge­nar­beit. (6)

In den let­zten Jahren wurde zudem auch deut­lich, dass sich neue Frei­willige eher zeitlich begren­zten und unverbindlichen ehre­namtlichen Tätigkeit­en anschließen. Vere­ine und Organ­i­sa­tio­nen kön­nen sich diesen Wün­schen anpassen, indem ver­mehrt auch pro­jek­t­basierte Frei­willigkeit ange­boten wird. (2)

Freiwilligkeit in Krisenzeiten

In Krisen­zeit­en wird deut­lich, welchen enor­men Beitrag die Zivilge­sellschaft leis­ten kann und leis­tet. Die Coro­na-Pan­demie verdeut­licht den Wert zivilge­sellschaftlichen Engage­ments in Krisen­zeit­en. Auch im Herb­st und Win­ter 2015 nahm die Bere­itschaft zur Frei­willigkeit ein hohes Aus­maß an. (7) In ein­er Umfrage der Uni­ver­sität Kon­stanz gaben rund die Hälfte der Befragten an, in der ersten Pan­demiephase anderen Men­schen geholfen zu haben (8). Eine andere Studie, welche Organ­i­sa­tio­nen befragt hat, kommt eben­falls zum Schluss, dass während der Krise das Engage­ment gestiegen ist (9).

Jedoch bracht­en die Maß­nah­men auch große Her­aus­forderun­gen für das frei­willige Engage­ment mit sich: „Die Beschränkun­gen des öffentlichen Lebens, die zur Bekämp­fung der Coro­na-Pan­demie einge­führt wur­den, haben aber auch drastisch vor Augen geführt, dass der Zugang zum öffentlichen Raum und die Möglichkeit des gemein­samen Han­delns vor Ort für das bürg­er­schaftliche Engage­ment unverzicht­bar sind.“ (Berg, Grande, Hut­ter, 2021: 122)

Demokratie, Zivilgesellschaft und Freiwilligkeit

Da die Teil­nahme an der Gesellschaft ein wichtiger und inte­gra­tiv­er Teil von funk­tion­ieren­den Demokra­tien darstellt, ist ger­ade im Hin­blick auf zukün­ftige Entwick­lun­gen im Sinne der Dig­i­tal­isierung und ein­herge­hen­der Ratio­nal­isierun­gen von Arbeit­splätzen, eine Debat­te über andere For­men der Teil­nahme an der Gesellschaft ange­bracht. Gut und wertschätzend organ­isierte Frei­willi­ge­nar­beit kön­nte hier­bei eine wichtige Rolle spie­len und vie­len Men­schen einen sin­nvollen Zugang zu Hand­lungsspiel­räu­men und Mit­gestal­tung der Gesellschaft ermöglichen. (10) Der „Dritte Sek­tor“ braucht die Unter­stützung des Staates sowie dessen Beken­nt­nis Zivilge­sellschaft als Teil der Demokratie und Gesellschaft zu fördern. Die Zivilge­sellschaft kann sich dadurch neuer Entwick­lun­gen annehmen und mit (poli­tis­chen) Insti­tu­tio­nen zusammenarbeiten.

Quellen

(1) IFES (2016): Frei­willi­ge­nen­gage­ment. Bevölkerungs­be­fra­gung 2016.
(2) Fundrais­ing Ver­band Aus­tria (FVA) (2019): Spenden­bericht 2019.
(3) Euro­stat (2015): Par­tic­i­pa­tion in for­mal or infor­mal vol­un­tary activ­i­ties or active cit­i­zen­ship by sex, age and edu­ca­tion­al attain­ment level.
(4) Fehrerhofer, San­dra (2020): Die Königs­diszi­plin des Fundrais­ings — Erb­schafts­fundrais­ing im öster­re­ichis­chen Non­prof­it-Sek­tor (Mas­ter­ar­beit).
(5) Dury Sarah, Don­der Lies­beth De, Witte Nico De, Buf­fel Tine, Jacquet Wolf­gang, Verté Dominique: To Vol­un­teer or Not: The Influ­ence of Indi­vid­ual Char­ac­ter­is­tics, Resources, and Social Fac­tors on the Like­li­hood of Vol­un­teer­ing by Old­er Adults.
(6) More-Holler­weger, Eva/Rameder, Paul (2013): Frei­willi­ge­nar­beit in Non­prof­it-Organ­i­sa­tio­nen. In: Hand­buch, 381–399.
(7) Berg, Clara van den; Grande, Edgar; Hut­ter, Swen (2021): Was wird aus dem harten Kern? Auswirkun­gen der Coro­na-Krise auf das Engage­ment für Geflüchtete.
(8) Koos, Sebas­t­ian, Bertogg, Ari­ane (2020): Lokale Sol­i­dar­ität während der Coro­na-Krise: Wer gibt und wer erhält informelle Hil­fe in Deutschland?
(9) Zivilge­sellschaft in Zahlen – Ziviz (2021): Engage­ment-Barom­e­ter – 4. Pan­el­be­fra­gung. Die Sit­u­a­tion der organ­isierten Zivilge­sellschaft im Juni 2021.
(10) Sim­sa, R./Rameder, P. (2018): Kri­tis­che Aspek­te der Frei­willi­ge­nar­beit, in: Neuge­bauer et.al. Net­zw­erke und soziale Innovationen.
(11) Vere­in­sakademie (2021): IMAS Inter­na­tion­al Ehre­namtsmon­i­tor 2021 – Das Ehre­namt in den Augen der oö. Bevölkerung.
(12) Presseaussendung LR Achleit­ner (2021) Land Oberöster­re­ich — Lan­desrat Achleit­ner: 100 Sportler/innen & Funktionär/innen mit dem Sport-Ehren­ze­ichen in Bronze ausgezeichnet.
(13) Presseaussendung LH Stelz­er (2021): Land Oberöster­re­ich — Das näch­ste Fest der Volk­skul­tur find­et von 10. bis 12. Sep­tem­ber 2021 in Molln statt.
(14) Presseaussendung LH Stelz­er (2019): Land Oberöster­re­ich — LH Stelz­er bedankt sich bei den Ehre­namtlichen in Oberösterreich.

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