Lehrerstundendiskussion die x‑te

Immer wenn die Ferien bevorstehen oder eine Budgetkonsolidierung notwendig erscheint, dann taucht sie wieder auf: die Diskussion um die Lehrerstunden...

Immer wenn die Ferien bevorste­hen oder eine Bud­getkon­so­li­dierung notwendig erscheint, dann taucht sie wieder auf: die Diskus­sion um die Lehrerstunden…

Doch es sind nicht ein­fach zwei Stun­den mehr, die z.B. ein Verkäufer bzw. eine Verkäuferin mehr im Geschäft ste­ht, son­dern das The­ma ist viel kom­plex­er. Da hängt sich noch viel mehr Arbeit an, von der viele keine Ahnung haben.

Auch die Schule der Zukun­ft müsste sich nach den Tal­en­ten der jun­gen Men­schen richt­en. Bessere Bil­dung, zufriedene Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer mit mehr Leis­tungs­bere­itschaft und let­zten Endes weniger Kranken­stände. Die Regierung kön­nte sich auf der einen Seite bei den Kranken­stän­den viel Geld ers­paren, wenn sie bei der Bil­dung, die das höch­ste Gut für unsere Kinder ist, mehr Geld — und das sin­nvoll — in die Hand nähme.

Alle Jahre wieder (entwed­er ste­hen die großen Ferien oder eine Bud­getkon­so­li­dierung bevor) begin­nt die Diskus­sion um die Lehrerstun­den. Glauben Sie mir, ich bin in meinem 35. Dien­st­jahr und ver­folge diese Diskus­sio­nen seit Jahrzehnten.

Aber versteht denn niemand, dass die Diskussion am Ziel vorbeigeht?

Es geht nicht nur um die zwei Stun­den „mehr”, denn das The­ma ist viel kom­plex­er und das will oder kann kein­er ein­se­hen. Wir Lehrerin­nen und Lehrer sind ein­fach an unser­er Belas­tungs­gren­ze angelangt!
Die Gesellschaft  hat sich in den let­zten Jahrzehn­ten genau­so wie die Wirtschaft gewan­delt und die Anforderun­gen sind  größer gewor­den. Nur die Schule kon­nte damit nicht so richtig mithalten.

Jede und jed­er hat seine oder ihre Vorstel­lun­gen von den Forderun­gen an die Schule:
Wirtschafts- und Prax­is­nähe, Ver­mit­tlungsstelle für Kom­pe­ten­zen und dazwis­chen hört man leise die Forderung nach Kreativ­ität und Bildung.

Und wie sieht die Realität aus?

Die Lehrpläne sind explodiert, ohne entrüm­pelt zu wer­den und die Lehrerin­nen und Lehrer lei­den zuse­hends unter der Zunahme von Auf­sichts- Ver­wal­tungs- und Kon­trol­lauf­gaben. Wir sind mit Auf­gaben überbeschäftigt, die mit dem Unter­richt­en an sich, nichts zu tun haben: Erstellen von Klassen­lis­ten, Vor­bere­it­en aller For­mu­la­re für die Klassen­vor­stands­geschäfte, sämtlich­es Inkas­so von Son­derkosten wie: Exkur­sio­nen, Ein­trittskarten, Som­mer- und Win­ter­sport­woche, Buskosten und Quartier­skosten. Daneben müssen all die Dinge auch noch organ­isiert wer­den (Quartiere, Bestel­lung von Trans­port­mit­teln, Ausstel­lungs- und Muse­ums­be­suche, Aus­land­saufen­thalte etc.). Fern­er kom­men noch andere Auf­gaben dazu, wie: Kopier­ar­beit für Schu­lar­beit­en, Tests, Arbeits­blät­ter, Eltern­briefe, Ein­ladung für Schul­ver­anstal­tun­gen, außer­dem das Schreiben der Zeug­nisse, Mate­ri­albestel­lun­gen, Wartung divers­er Geräte und etlich­es mehr.

Viele dieser Auf­gaben kön­nte Per­son­al übernehmen, das kein Lehramtsstudi­um aufweist. Dadurch kön­nten sich die Lehrerinnnen und Lehrer mehr um päd­a­gogis­che Belange küm­mern, die umfassend genug sind, denn wir haben junge Men­schen vor uns, die nicht nur Lern­prob­leme, son­dern auch per­sön­liche Prob­leme mit sich herum­tra­gen und sich erhof­fen und erwarten, dass ihnen von Päd­a­gogin­nen und Päd­a­gogen geholfen wird. Aber dazu braucht es Zeit, die wir nur dann haben, wenn wir von den admin­is­tra­tiv­en Auf­gaben stärk­er ent­bun­den wer­den; und dann kann ich mir einen Kom­pro­miss mit mehr Unter­richtsstun­den in der Klasse vorstellen.

Isoliert ein­fach zwei Stun­den mehr Unter­richt zu ver­lan­gen, löst das Prob­lem nicht, son­dern die Belas­tung der Lehrerin­nen und Lehrer wird größer, die Moti­va­tion klein­er und der Unter­richt an sich dadurch nicht ger­ade bess­er — was wiederum den Kindern extrem schadet.

Da kom­men dann die Aus­sagen: „Wegen zwei Stun­den mehr Arbeit brauchen die doch kein The­ater machen, das ist doch lächer­lich.” Aber was heißt das wirk­lich? Das heißt, dass ich mit den Schü­lerin­nen und Schülern etwas tun muss, also unter­richt­en. Und das heißt, eine Klasse mit ca. 30 Schü­lerin­nen und Schülern mehr unter­richt­en. Die Vor­bere­itun­gen machen sich auch nicht von alleine (Unter­richtsvor­bere­itun­gen, Tests bzw. auch Schu­lar­beit­en zusam­men­stellen und der wie oben ange­führte Ver­wal­tungsaufwand kom­men noch dazu). Kein­er wird wohl angesichts dieser Auf­gaben meinen, dass es sich mit diesen zwei Stun­den hat.

Und was ist dann mit den aus­ge­bilde­ten Jun­glehrerin­nen und Jun­glehrern? Die haben keine Arbeit mehr, Tax­i­fahrerin­nen und Tax­i­fahrer braucht man immer.

Und nun zur Zukunft der Bildung:

Jedes Kind ist hoch begabt: Die ange­bore­nen Tal­ente unser­er Kinder und was wir aus ihnen machen. Dieses Buch von Ger­ald Hüther hat mich zum Nach­denken ver­an­lasst. Jedes Kind hat ein Tal­ent, für das es eine beson­dere Begabung aufweist, die man erst find­en muss! Alle 10–14jährigen haben densel­ben Lehrplan, nur unter­richt­en dort ver­schieden aus­ge­bildete Lehrper­so­n­en und alle Schü­lerin­nen und Schüler sind wed­er gle­ich intel­li­gent, noch haben sie diesel­ben Interessen.

Das heißt: gemein­same Schule der 10 — 14 jähri­gen ja, aber Lehrerin­nen und Lehrer mit gle­ich­er Aus­bil­dung und dif­feren­ziert­er Unter­richt nach Intel­li­genz und Nei­gung der Schü­lerin­nen und Schüler und Förderung der Tal­ente. Höhere Schulen haben ja ihre Schw­er­punk­te geset­zt, den­noch müsste sich in den all­ge­mein bilden­den Fäch­ern etwas tun.

Mein­er Mei­n­ung nach gehört für alle Schul­typen ein gewiss­es Grund­mod­ul in den all­ge­mein bilden­den Fäch­ern wie Math­e­matik, Deutsch, Latein, natur­wis­senschaftliche Fäch­er, kreative Fäch­er, das genau definiert wird.

D.h.: was muss eine Musik­erin oder ein Musik­er in den all­ge­mein bilden­den Fäch­ern kön­nen, um für reif erk­lärt wer­den zu  kön­nen? Wenn sich eine Schü­lerin bzw. ein Schüler für einen bes­timmten Zweig entsch­ieden hat, dann besucht er bzw. sie die für dieses Fach wichti­gen ergänzen­den Mod­ule. Eine Musik­erin oder ein Musik­er besucht dann z.B. die Grund­mod­ule in den all­ge­mein bilden­den Fäch­ern, hat z.B. weniger Math­e­matik­stun­den und dafür mehr Musikstunden.

In Zusam­me­nar­beit mit den Uni­ver­sitäten kön­nte man die ver­tiefend­en Mod­ule so gestal­ten, dass sie Grund­lage für das weit­ere Studi­um sein kön­nen und damit die Kluft zwis­chen All­ge­mein­bil­dung an den höheren Schulen und den Anforderun­gen an der Uni­ver­sität ver­ringert wer­den kann.

Es ist mehr als schade, wenn die vie­len Tal­ente, die Kinder aufweisen, ein­fach durch Nichterken­nen ver­schüt­tet wer­den und nie zu Tage treten. Wollen wir doch alle, dass unsere Kinder glück­lich und zufrieden sind und eine Aus­bil­dung erhal­ten, die ihren Inter­essen und Nei­gun­gen entspricht und sie später einen Beruf ausüben, in dem sie inno­v­a­tiv, kreativ und erfol­gre­ich sind und das über viele Jahre. Drop-Out-Rat­en an der Uni­ver­sität, Burn-out-Rat­en und Kranken­stände im Beruf kön­nten so min­imiert werden.

Sinnvoll investiertes Geld für die Bildung kommt x‑fach zurück

Dafür müsste man im Bil­dungs­bere­ich mehr Geld in die Hand nehmen und ein x‑faches kommt für das Land und den Staat zurück. Die Schule der Zukun­ft müsste sich nach den Tal­en­ten der jun­gen Men­schen richt­en. Bessere Bil­dung, zufriedene Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer mit mehr Leis­tungs­bere­itschaft und let­zten Endes weniger Kranken­stände. Die Regierung kön­nte sich auf der einen Seite bei den Kranken­stän­den viel Geld ers­paren, wenn sie bei der Bil­dung, die das höch­ste Gut für unsere Kinder ist, mehr Geld — und das sin­nvoll — in die Hand nähme

Zum Autor

OStR. Prof. Mag. Hans Hilzen­sauer ist im 35. Dien­st­jahr und unter­richtet am BORG Grieskirchen. Von 1979 bis 2007 hat er in Stams unter­richtet, zunächst am Schi­gym­na­si­um als Lehrer für Biolo­gie, Warenkunde, Physik, Chemie, Sportkunde und Co-Train­er bei den Springern, ab 1985 auch am Mein­hardinum der Zis­terzienser zusät­zlich noch das Fach Musik und Chorge­sang. Hans Hilzen­sauer lebt mit sein­er Frau seit 2007 in Wels, wo er  aus famil­iären Grün­den hinge­zo­gen ist.